So klappt es mit dem Stillen

Die grosse Mehrheit der Mütter in der Schweiz entscheidet sich heute fürs Stillen. Doch nicht allen fällt der Anfang leicht.

Muttermilch ist die ideale Nahrung für Babys. Nach der Geburt werden heute in der Schweiz etwa 95 Prozent der Kinder im Wochenbett gestillt. Probleme mit dem Stillen, wie zum Beispiel wunde Brustwarzen, und auch das Ende des Mutterschaftsurlaubs führen dazu, dass viele Mütter bald nicht mehr voll stillen oder abstillen. Sibylle Lüpold, Stillberaterin IBCLC, weiss aus langjähriger Erfahrung, dass Stillen nicht für jede Mutter eine schöne Erfahrung ist: «Für viele ist Stillen zumindest kurzfristig eine Belastung. Können die Probleme nicht gelöst werden, bleiben häufig Schuldgefühle zurück.» Lüpold ist der Meinung, dass Mütter, die Stillhürden überwinden wollen, Anrecht auf kompetente Unterstützung haben. Mütter, die mit dem Stillen nicht klarkommen, haben genauso Anrecht auf eine respektvolle Begleitung beim Abstillen und beim Verarbeiten ihrer Gefühle.
Laut Sibylle Lüpold muss sich keine Mutter schuldig fühlen, wenn sie nicht stillen kann oder will, denn die Fähigkeit, zu stillen, ist nicht einfach angeboren. Die Expertin sagt: «Jede Mutter hat berechtigte Gründe für ihre Entscheidung – auch wenn diese nicht immer allen verständlich erscheint.» Am häufigsten führen die folgenden Gründe zum Abstillen:

Zu wenig Milch

Viele Mütter machen sich anfangs unnötig Sorgen, weil sie glauben, nicht genügend Milch zu produzieren. Die Milchbildung muss zuerst aufgebaut werden. Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Milchproduktion durch die Nachfrage bestimmt wird. Je häufiger ein Baby an der Brust saugt und je mehr Milch es dabei entnimmt, desto mehr Milch wird gebildet. Lange Pausen zwischen den Mahlzeiten, Anspannung, Stress und Kälte können die Milchproduktion drosseln. Sibylle Lüpold empfiehlt, die Milchproduktion anzukurbeln, indem die Mama beim Stillen eine entspannte, warme und angenehme Atmosphäre schafft. Dabei legt sie ihr Baby möglichst oft (tagsüber alle zwei Stunden oder mehr, nachts mindestens alle drei bis vier Stunden) an. Sie ergänzt: «Das Kind soll an beiden Brüsten trinken, unter Umständen sogar mehrmals pro Mahlzeit die Seite wechseln.» Viel Ruhe und Entspannung im Alltag, regelmässige und gesunde (Zwischen)Mahlzeiten sowie viel Haut-zu-Haut-Kontakt und nächtliche Nähe zum Baby tragen ebenfalls dazu bei, dass die Milchproduktion in Schwung kommt. Der Nuggi sollte – wenn überhaupt – mit Zurückhaltung eingesetzt werden. Die Milchbildung kann durch homöopathische Globuli, Stilltropfen, Still-, Fenchel- oder Melissentee sowie durch ein Nasenspray mit Oxytocin angekurbelt.

Wunde Brustwarzen

Viele frischgebackene Mütter empfinden das Ansetzen des Babys in der ersten Zeit als schmerzhaft, denn die empfindliche Haut an den Brustwarzen muss sich erst noch an das kräftige Saugen gewöhnen. «Zentral ist hier das korrekte Anlegen, das man sich am besten von einer Stillberaterin zeigen lässt. Das Baby muss seinen Mund weit geöffnet und die Brustwarze inklusive Hof tief und zentriert im Mund haben. Seine Lippen sind dabei nach aussen gewölbt», erklärt Sibylle Lüpold. Bei schmerzenden und wunden Brustwarzen helfen das Wechseln der Stillposition und das Vermeiden von langen Stillmahlzeiten. Die feuchte Wundheilung wird durch Auftragen von reinem Wollfett (z.B. Lanolin) oder speziellen Pflastern (z.B. Mepilex) unterstützt.

Juckende und gerötete Brustwarzen

Wenn die Brustwarzen auch nach dem Stillen gerötet sind, jucken, brennen und stechen, steckt dahinter meist die Pilzerkrankung Soor, die einer ärztlichen Behandlung mit Antipilzcreme bedarf. Da sich der Pilz im Mund des Babys und im Windelbereich vermehrt, müssen diese Stellen ebenfalls behandelt werden. Bei Soor sind konsequente Hygienemassnahmen wichtig. Da sich Pilzsporen in feuchter und dunkler Umgebung besonders wohl fühlen, empfiehlt Sibylle Lüpold, die Brustwarzen immer wieder an der Luft zu lassen und trocken zu halten.

Milchstau

Zu einem unangenehmen bis schmerzhaften Milchstau kann es durch lange Pausen zwischen den Stillmahlzeiten, zu rasches Abstillen, enge BHs, wunde Brustwarzen, Stress und Übermüdung kommen. Die Brust fühlt sich stellenweise oder überall hart an. Zur Behandlung eines Milchstaus haben sich Wärme, Ruhe und häufiges Stillen bewährt. Vor dem Stillen sind feuchtwarme und nach dem Stillen kühlende Wickel (z.B. mit Quark) angenehm.

Brustentzündung

Eine Brustentzündung ist ein ernsthaftes Problem, und Betroffene sollten innerhalb von 24 Stunden einen Arzt und danach eine Stillberaterin aufsuchen. Eine gerötete, schmerzende und überwärmte Brust, Kopfschmerzen und grippeartige Symptome sind Hinweise auf eine Brustentzündung, die in vielen Fällen mit rezeptpflichtigen Medikamenten behandelt werden muss. Daneben können die Massnahmen, die bei einem Milchstau empfehlenswert sind, auch bei einer Brustentzündung Linderung verschaffen.

Hilfe in Ihrer Nähe

Auf der Website des Berufsverbandes Schweizerischer Stillberaterinnen (BSS) www.stillen.ch finden Sie die Adresse einer Stillberaterin IBCLC in Ihrer Nähe.

Webtipps

www.stillfoerderung.ch und www.still-lexikon.de vermitteln hilfreiches Wissen zu allen Fragen rund ums Stillen.