Der ideale Kinderschuh

In den ersten drei Lebensjahren wachsen Füsse besonders schnell. Damit der Kinderschuh nicht drückt, gilt es einiges zu beachten.

Die ersten Schuhe braucht das Kind, sobald es draussen herumlaufen kann. Sylvia Willi-Dähn, Oberärztin Kinder- und Jugendorthopädie an der Schulthess Klinik in Zürich, erklärt den Zweck der Schuhe so: «Schuhe müssen nicht stützen, sondern vor Verletzungen durch Scherben oder Steinchen oder vor Kälte schützen.» Die meisten Schuhe für kleine Kinder sind knöchelhoch, dies aber nicht wegen des Stützeffekts, sondern weil die kleinen Füsse aus niedrigen Schuhen zu leicht herausrutschen würden. Kinder brauchen keine speziellen Lauflernschuhe – sie lernen auch so laufen. Einzig Kinder mit extrem elastischen Fussgelenken, die sich deshalb nicht trauen, die ersten Schritte zu machen, profitieren von stützenden Schuhen. Davon sind jedoch laut der Fachfrau nur sehr wenige Kinder betroffen.
Zu Hause sollten Kinder möglichst oft barfuss laufen. Um die Füsse vor Kälte zu schützen, sind Lederfinken oder Antirutschsocken ideal.

Zu kleine Schuhe

Diverse Untersuchungen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich haben gezeigt, dass viele Kinder im Vorschulalter zu kleine Schuhe tragen. Sylvia Willi-Dähn weiss, warum: «Kleine Kinder spüren nicht, wenn der Schuh zu kurz ist, weil sie einfach die Zehen krümmen.» Die Orthopädin hat die Erfahrung gemacht, dass es sehr viel braucht, bis ein Kind sich darüber beschwert, dass die Schuhe zu klein sind. Eher meckern sie bei Winterstiefeln, weil sie da nur schwer reinkommen.

Langfristige Folgen

Wenn die Schuhe zu klein sind, können bei Kleinkindern auf die Dauer an Zehen und manchmal sogar an den Fersen Druckstellen entstehen. Möglich sind auch Nagelveränderungen. Eine aktuelle Studie des österreichischen Kinderfuss-Experten Wieland Kinz, für die er 1238 Füsse von japanischen Vorschulkindern untersucht hat, ergab einen klaren Zusammenhang zwischen der Schuhgrösse und der Entstehung eines Hallux valgus. Er erklärt: «Je kürzer der Schuh im Vergleich zum Fuss, desto weiter trat der Hallux hervor. Je öfter Kinder barfuss laufen, umso seltener sind sie von einem Hallux betroffen.» Wenn Kinder ihre Zehen häufig in zu kleinen Schuhen krümmen müssen, steigt auch das Risiko, dass sie später sogenannte Krallen- oder Hammerzehen entwickeln. Bei niedrigen Temperaturen haben Kinder in zu kleinen Schuhen oft kalte Füsse, da in diesen Schuhen die isolierende Luftschicht fehlt, die vor der Kälte schützt.

Die Socken

Fussprobleme wie zum Beispiel ein Hallux können auch durch zu kleine Socken aus nicht dehnbarem Material verursacht werden. Oft sind Socken vorn trapezartig geschnitten, wodurch die Zehen eingeengt werden. Wieland Kinz hat Socken entwickelt, die im Bereich des grossen Zehs gerade geschnitten sind (www.plus12socks.com).

Die richtige Schuhgrösse

Gute Kinderschuhe müssen nicht teuer sein. Ideal sind Modelle mit flexibler Sohle, damit das Kind die Füsse gut abrollen kann. Der Schuh sollte vorn eher breit geschnitten sein und am besten aus atmungsaktivem Material bestehen. Ein Fussbett brauchen Kinder nicht.
Häufig entspricht die angegebene Schuhgrösse nicht der effektiven Fusslänge. Eine Untersuchung aus Österreich zeigt, dass Kinderschuhe im Durchschnitt zwei Grössen kleiner sind als ausgezeichnet. Sylvia Willi-Dähn empfiehlt, geschlossene Schuhe immer so zu kaufen, dass vorn 12 bis 17 Millimeter frei sind, damit der Fuss noch wachsen kann und der Schuh zu Anfang weder zu klein noch zu gross ist. Das entspricht etwa der Breite eines Erwachsenen-Daumens. Sie erklärt: «Die Grösse lässt sich am besten überprüfen, wenn man die Innensohle herausnehmen kann und das Kind sich draufstellt.» Wichtig ist dabei, dass man den Kinderfuss im Bereich der Ferse so auf der Innensohle platziert, dass der am weitesten herausragende Punkt der Ferse senkrecht über der Sohlenkante steht.

Messen mit Schablone

Lässt sich die Innensohle nicht aus dem Schuh nehmen, rät die Fachfrau, eine Schablone beider Füsse des Kindes anzufertigen. Am besten klappt das, wenn es sich auf einen Karton stellt und man mit einem senkrecht gehaltenen Stift den Konturen des Fusses entlangfährt. Da die Füsse bei manchen Kindern unterschiedlich gross sind, fertigt man am besten von beiden eine Schablone an und wählt die Schuhgrösse, die für den grösseren Fuss ideal ist. Bei manchen Kindern ist der zweite Zeh länger als der grosse – auch das sollte man berücksichtigen.
Im Schuhgeschäft schiebt man die Schablonen im Schuh der Wahl ganz nach vorn und sieht dann bei der Ferse, ob der ideale Raum von 12–17 Millimetern frei bleibt. Dieser Trick funktioniert auch mit Innensohlen von Schuhen, die das Kind bereits getragen hat. Nicht hilfreich ist die Daumenprobe. Wenn Eltern nur vorn auf den Schuh drücken, krümmt das Kind die Zehen, und sie kaufen eventuell Schuhe, die von Anfang an zu klein sind.

Messen mit Messgerät

Manche Schuhgeschäfte verfügen über Messgeräte, mit denen man den Innenschuh messen kann. Über die Website www.kinderfuesse.com ist das preisgünstige Messgerät plus12 erhältlich, das von Wieland Kinz entwickelt wurde. Damit können Eltern die Grösse des Fusses ihres Kindes und die Innengrösse jedes Schuhs im Handumdrehen messen.
Bevor sich die Eltern für ein bestimmtes Paar Schuhe entscheiden, sollte das Kind im Geschäft damit herumgehen. Ab etwa drei, vier Jahren wollen Kinder zunehmend mitbestimmen. Jetzt ist es wichtig, dass die Eltern Schuhe wählen, die auch dem Kind gefallen.

Stimmt die Grösse noch?

Bei Kleinkindern sollten Eltern mindestens alle drei Monate überprüfen, ob die Schuhe noch passen. Das gilt auch für die Finken für die Kita oder den Kindergarten. Wenn der Schuh allmählich klein wird, rät die Fussexpertin, die Grösse häufiger zu überprüfen: «Allerspätestens, wenn vorn nur noch ein halber Zentimeter Platz ist, braucht das Kind neue Schuhe.»

Entspannt beim Schuhkauf

Über den Tag werden die Füsse durch die Belastung mit dem Körpergewicht etwas länger und breiter. Sylvia Willi-Dähn empfiehlt aber vor allem, Kinderschuhe nur dann zu kaufen, wenn das Kind zufrieden und nicht hungrig ist: «Ist das Kind kooperativ, schont das die Nerven der Eltern und des Verkaufspersonals.»

Schuhe auftragen

Da Kleinkinder wegen des schnellen Wachstums Schuhe oft nicht lange tragen, weisen diese häufig kaum Gebrauchsspuren auf. Darf ein Kinderschuh von anderen aufgetragen werden, oder ist das ungesund? Die Fachfrau meint: «Schuhe können ruhig aufgetragen werden, sofern sie sich nicht den Eigenheiten des Erstträgers angepasst haben.» Damit meint die Orthopädin zum Beispiel, dass die Sohle an der Ferse nicht einseitig abgelaufen sein darf. Das Auftragen von Schuhen schont das Portemonnaie und ist auch aus ökologischen Gründen sinnvoll.

So schnell wachsen Kinderfüsse

  • von 0 bis 3 Jahren: 1,5 mm pro Monat
  • von 3 bis 6 Jahren: 1 mm pro Monat
  • von 6 bis 10 Jahren: weniger als 1 mm pro Monat

Tipps zum Sandalenkauf für Kinder

  • Bevorzugen Sie Sandalen mit Kappen. Diese schützen die Zehen vor Verletzungen (z.B. beim Trottinettfahren).
  • Kaufen Sie offene Sandalen nicht zu gross, damit das Kind nicht irgendwo hängen bleibt und stürzt.
  • Bei offenen Sandalen mit flacher Innensohle braucht es vorn wenig Platz. Beim Abrollen dürfen die Zehen nicht über die Sohle hinausrutschen.
  • Wenn die Innensohle nach oben gewölbt ist, braucht es vorn 5 mm Platz, damit die Zehen beim Abrollen nicht gegen die Kante stossen.
  • Lassen Sie Ihr Kind mit den Sandalen im Laden herumlaufen.