Isst unser Kind genug?

Diese Frage stellen sich viele Eltern. In den meisten Fällen ist die Sorge, ihr Nachwuchs könnte zu wenig essen, unbegründet.

Regelmässige Beratungsgespräche mit einer Mütterberaterin oder einem Kinderarzt können helfen, Verunsicherung abzubauen. «In den ersten acht bis zwölf Wochen kann es sinnvoll sein, das Baby alle zwei bis vier Wochen zu wiegen. In der Regel reicht jedoch einmal pro Monat aus», erklärt die Mütterberaterin Manuela Meyer-Mäder. Wie viel Babys zunehmen, ist individuell. In den ersten drei Monaten beträgt die wöchentliche Gewichtszunahme etwa 130 bis 180 Gramm, im zweiten Vierteljahr etwa 100 bis 160 Gramm und ab dem sechsten Monat 70 bis 120 Gramm.

Reicht die Milch?

Viele stillende Mütter sind unsicher, ob die Milchmenge ausreicht und das Baby genügend zunimmt. «Eltern sollten sich nicht durch zu häufiges Wiegen verunsichern lassen», rät Manuela Meyer-Mäder. Abgesehen von der Gewichtszunahme gibt es weitere Zeichen, die für gutes Gedeihen sprechen: Das Baby hat regelmässig nasse Windeln, es ist zufrieden, trinkt etwa fünf bis acht Mahlzeiten pro Tag und hat kleine Fettpölsterchen. «Wichtig ist, dass die Eltern sich auf ihr Gefühl verlassen können», ergänzt die Fachfrau.

Das Wachstum

Ideal ist eine Gewichtszunahme, die im richtigen Verhältnis zum Wachstum des Körpers und des Kopfumfangs verläuft. Man spricht hier vom Wachstum entlang der Perzentilenlinien (siehe Grafik unten). So ist es zum Beispiel in Ordnung, wenn ein Baby, das bei seiner Geburt sehr klein und leicht war, auch nach zwölf Monaten noch zu den kleinsten und leichtesten Kindern gehört. Später ist es ganz normal, dass Kinder Gewichtsschwankungen haben.

Vom Baby zum Kleinkind

Zwischen zwei und vier Jahren gehen Kinder vor allem in die Breite, zwischen fünf und sieben Jahren wächst das Kind stark in die Länge und verliert den Babyspeck vollkommen. Viele Kinder sehen in diesem Alter sehr dünn aus. Auch hier besteht aber meist kein Grund zur Sorge.

Hunger und Durst

Kinder, die viel essen, werden nicht schneller «gross und stark». Es ist wie bei den Erwachsenen: Aufgrund seines individuellen Stoffwechsels verwertet jedes Kind die Nahrung anders. Während die einen Kinder mit wenig zufrieden sind, brauchen andere mehr Nahrung und Flüssigkeit. Hunger und Durst werden auch durch die Aktivität des Kindes beeinflusst. Ein Kind, das draussen herumtollt, benötigt mehr Kalorien als ein Kind, das Bilderbücher betrachtet. Es ist ganz normal, dass Babys und Kleinkinder mal mehr, mal weniger Hunger haben und dementsprechend viel oder wenig essen und trinken. Ein gesundes Kind spürt, was es braucht. Die meisten Kinder benötigen pro Tag mehrere, dafür kleinere Portionen.

Das Sättigungsgefühl

Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen spüren Babys und Kleinkinder aufgrund eines ausgeprägten Sättigungsgefühls ganz genau, wann sie genug gegessen haben. Dieses Körpersignal hilft ihnen, das Körpergewicht zu regulieren. Wer mehr isst, als sein Körper verbraucht, wird dick. Heute leiden in der Schweiz bereits jedes fünfte Mädchen und jeder vierte Junge an Übergewicht. Die Weichen dazu werden oft schon sehr früh durch eine falsche Ernährung und die Missachtung des Sättigungsgefühls gestellt. Babys signalisieren ihren Eltern, wann sie satt sind. Sie wenden sich von der Brust oder der Schoppenflasche ab, stossen den Teller mit Brei von sich oder pressen die Lippen zusammen, wenn sich ihrem Mund ein Löffel nähert. «Wer sein Kind zwingt, eine Mahlzeit aufzuessen, tut ihm keinen guten Dienst», erklärt Manuela Meyer-Mäder. Eltern riskieren dabei, dass das Kleine bald einmal nicht mehr auf seine Körpersignale hört und mehr isst, als es tatsächlich braucht. Bei einigen Kindern kann Zwang sogar zur Verweigerung der Nahrungsaufnahme führen. Auch wenn Kinder selbständig essen können, sollen sie nicht aufessen müssen. Dennoch soll das Kind lernen, sich so viel zu schöpfen, wie es essen mag.

Tipps: Wenn Ihr Kind am Tisch kaum isst

  • Lassen Sie Ihr Kind möglichst früh selbständig essen und haben Sie Geduld, wenn es am Anfang eine Sauerei gibt. Das Kind soll sich nicht daran gewöhnen, dass es gefüttert wird.
  • Essen Sie zusammen mit Ihrem Kind. Seien Sie Ihrem Kind am Tisch ein Vorbild, denn Kinder lernen durch Imitieren.
  • Vermeiden Sie Snacking. Häufige Zwischenmahlzeiten verderben den Appetit auf die Hauptmahlzeiten. Ein gesunder Znüni am Morgen und ein Zvieri am Nachmittag reichen als Zwischenmahlzeit aus.
  • Bieten Sie Ihrem Kind zwischendurch Wasser oder ungesüssten Tee anstelle von Süssgetränken an, am besten aber nicht unmittelbar vor dem Essen.
  • Wenn Sie sich Sorgen machen, dass Ihr Kind zu wenig isst, holen Sie sich Rat bei Ihrer Mütterberaterin.
  • Ist Ihr Kind untergewichtig oder nimmt plötzlich stark ab, könnte dies gesundheitliche oder psychische Ursachen haben. Eine medizinische Abklärung ist angezeigt.