Gesunde Znüni und Zvieri

Wenn es um Zwischenmahlzeiten geht, sind die Verlockungen riesig. Doch nicht alles, was Kindern besonders schmeckt, tut ihnen auch gut.

Die meisten Kinder brauchen Zwischenmahlzeiten, um ihre Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, die wesentlich durch den Blutzuckerspiegel im Körper beeinflusst wird. Fällt der Blutzuckerspiegel ab, werden Kinder müde und können sich nicht mehr gut konzentrieren. Insbesondere bei Kindern, die sich viel bewegen, ist es sinnvoll, die drei Hauptmahlzeiten mit je einer Zwischenmahlzeit am Vor- und am Nachmittag zu ergänzen.

Auf die Frequenz kommt es an

Der Kinderzahnarzt Rolf Ammann empfiehlt generell, die Anzahl Zwischenmahlzeiten auf eine morgens und eine nachmittags zu beschränken: «Heute gibt es viele Vorschulkinder, die um 14, 15, 16 und 17 Uhr etwas im Mund haben. Die hohe Frequenz an Zwischenmahlzeiten erhöht das Risiko für Karies stark. Isst ein Kind über den Tag verteilt immer wieder eine Kleinigkeit, hat der Speichel keine Zeit, die Zähne zu mineralisieren.» Kinder, die einen zuckerhaltigen Znüni und einen ebensolchen Zvieri essen, sollten unbedingt nach jeder Hauptmahlzeit die Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta putzen und diese nur ausspucken. «So wird der Zahn mit einer dünnen fluoridhaltigen Schicht überzogen, was ihn vor Säureangriffen durch süsse und/oder saure Snacks am besten schützt.»

Zvieri – nein danke!

Manche Kinder haben zwischendurch keinen Hunger oder denken nicht an einen Znüni oder Zvieri, weil sie so vertieft in ein Spiel sind. Eltern sollten ihren Kindern auf keinen Fall eine Zwischenmahlzeit aufzwingen und ihr natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl akzeptieren. Wie lange das Sättigungsgefühl anhält, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Problematisch kann es werden, wenn ein Kindergartenkind den gesunden Znüni von zu Hause ausschlägt, weil es lieber sein Gspänli um ein Stück Schoggibrötli anbettelt. Bei Kindern, die kaum oder überhaupt nicht frühstücken mögen oder wollen, ist ein ausgewogener Znüni besonders wichtig.

Ideale Zwischenmahlzeiten

Zu einem gesunden Znüni und Zvieri gehören immer Wasser (Leitungs- oder Mineralwasser) oder ungesüsster Kräuter- oder Früchtetee. Aber Achtung, ein Blick auf die Verpackung lohnt sich. Rolf Ammann dazu: «Manche Tees, vor allem Instanttees, enthalten Zitronensäure oder Zucker, zum Beispiel in Form von Fruktose. Säure und Zucker greifen die Zähne an.»
Frische Früchte und/oder Gemüse sind ideale Zwischenverpflegungen für Kinder. Am besten sind saisonale Früchte und Gemüse, weil sie ausgereift sind und deshalb mehr Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Wer zu Saisonalem aus der Schweiz greift, tut zudem noch etwas für die Umwelt. Die Transportwege dieser Produkte sind kürzer als jene von Früchten oder Gemüse, die von weit her in die Schweiz importiert werden. Saisonales Gemüse verbraucht zudem weniger Energie als Gemüse, das in beheizten Gewächshäusern gezogen wird. Weniger ideal sind Bananen und Trockenfrüchte, weil sie an den Zähnen und in den Zahnzwischenräumen kleben bleiben.

Je nach körperlicher Anstrengung und Hungergefühl sind Vollkornprodukte, Milch und Milchprodukte (nature, mit frischen Früchten gesüsst) eine gute Ergänzung zu Früchten und Gemüse. Vollkornprodukte sind reich an Stärke und sättigen länger, ausserdem enthalten sie mehr Nahrungsfasern, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe als Weissmehlprodukte. Vollkorn- und Milchprodukte haben übrigens auch Vorteile für die Zähne. «Vollkornprodukte kleben weniger an den Zähnen und in den Zahnzwischenräumen als Produkte aus Weissmehl. Milchprodukte versorgen die Zähne mit Kalzium. Auch wenn ab und zu ein Joghurt ein bisschen Zucker enthält, ist das nicht so tragisch, weil das im Joghurt enthaltene Kalzium die Säure, die durch den Zucker entsteht, etwas zu neutralisieren vermag», weiss Rolf Ammann.
Ab dem fünften Lebensjahr sind ganze Nüsse wie z.B. Mandeln, Baum- oder Haselnüsse zwischendurch empfehlenswert. Salzige, geröstete Nüsse sind hingegen nicht ideal. Es besteht die Gefahr, dass Kinder zu viel davon essen und dabei nicht nur zu viele Kalorien, sondern auch zu viel Salz zu sich nehmen.

Keine zuckerhaltigen Snacks

Für die Zähne sind zuckerhaltige Zwischenmahlzeiten schlechter als ein Dessert direkt nach einer Hauptmahlzeit. Grund dafür: Nach einer Hauptmahlzeit werden die Zähne geputzt, nach einem Znüni oder Zvieri nicht. Der Zucker bzw. die daraus entstehende Säure verweilt lange im Mund. Zucker erhöht aber nicht nur das Kariesrisiko, sondern lässt auch den Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellen und nach kurzer Zeit wieder absacken. So kommt der Hunger schnell wieder zurück. Ausserdem lassen zuckerhaltige Snacks die Gesamtenergiezufuhr des Tages stark ansteigen, weil sie oft auch sehr viel Fett enthalten. Ein kleines Rechenbeispiel: Ein Apfel enthält ca. 60 Kilokalorien, ein Schoggi-Gipfeli ca. 300 Kilokalorien. Der tägliche Energiebedarf eines fünfjährigen Kindes liegt je nach Aktivität bei ca. 1400 Kilokalorien. Durch fett- und/oder zuckerreiche Snacks und Getränke gerät die Energiebilanz schnell aus dem Lot.

Keine Regel ohne Ausnahme

Rolf Ammann, selber Vater von drei Kindern, weiss, dass es in der Praxis nicht immer einfach ist, den Kindern Süsses vorzuenthalten. «Schliesslich haben auch wir Erwachsene ab und zu Lust auf ein Stück Schokolade oder ein Guetsli.» Von einem Süssigkeitenverbot hält er deshalb nichts. Wichtig ist, dass man die Häufigkeit der Zuckeraufnahme kontrolliert. Er weiss aber auch, dass es illusorisch ist, von allen Kindern zu verlangen, dass sie nach dem Konsum von Süssigkeiten konsequent die Zähne putzen. «Gut wäre schon ein kurzes Ausspülen mit Wasser. Das trägt dazu bei, dass die Säure im Mund verdünnt wird.» Er appelliert jedoch an die Eltern, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder nach jeder Hauptmahlzeit die Zähne putzen und sich auf einen Znüni und einen Zvieri beschränken. Mindestens einmal pro Tag – am besten abends – sollten die Eltern in den ersten neun Lebensjahren ihres Kindes die Zähne gründlich nachputzen.

Gute Frage: Wie entsteht Karies?

Zucker wird von Bakterien im Mund in Säure umgewandelt. Dadurch wird dem Zahn Kalzium entzogen. Der Speichel ist in der Lage, Kalzium in den Zahn zurück zu befördern. Durch süsse, süsssaure, saure und häufige Zwischenmahlzeiten wird die ausgleichende Wirkung des Speichels reduziert, der pH-Wert im Mund sinkt und der Zahn zerfällt. Durch dreimaliges Zähneputzen (einmal nach jeder Hauptmahlzeit) mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta sinkt das Kariesrisiko, denn Fluorid erhöht die Säureresistenz des Zahns. Da jeder Zuckerkonsum zu einer Säureattacke führt, muss zugunsten der Zahngesundheit auf die Häufigkeit der süssen Zwischenmahlzeiten geachtet werden.

Info: Versteckter Zucker

Zucker versteckt sich auch unter folgenden Begriffen:

  • Fruktose
  • Glukose
  • Maltodextrose
  • Laktose
  • Birnendicksaft
  • Honig

Alle Zuckerarten können die Zähne schädigen.

Filed under: deutsch, Ernährung

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Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.