Die ersten Schritte

ersten Schritte

Auf den eigenen Beinen zu stehen ist ein Erfolgserlebnis für jedes Kleinkind. Der Weg zu diesem Schritt verläuft bei jedem Kind auf eine andere Art und Weise. Die Begleitung durch Bezugspersonen spielt dabei eine wesentliche Rolle.

«Jedes Kind will sich auf seine Weise und in seinem Tempo entwickeln». Laut dem Schweizer Kinderarzt Remo Largo machen Kleinkinder ihre ersten Schritte zwischen 8 und 20 Monaten. Dieser Altersunterschied zeigt, wie vielfältig und individuell die Bewegungsentwicklung verlaufen kann. Der Weg hin zum aufrechten Gang kann unterschiedlich aussehen. Einige Kinder bewegen sich sitzend auf dem Hosenboden fort, andere machen schlangenförmige Bewegungen in Rückenlage und wiederum andere robben auf dem Bauch und krabbeln auf Händen und Knien, bevor sie aufstehen. Um diesen Meilenstein des Aufstehens bewältigen zu können, benötigen sie jedoch alle die dafür erforderlichen motorischen Voraussetzungen, die sie sich auf ihre eigene Art und Weise in den vorhergehenden Entwicklungsschritten angeeignet haben. Eine davon, die Rumpfmuskulatur, entwickelt sich bereits in den ersten Lebensmonaten, beispielsweise wenn das Kind sich in der Bauchlage mit den Armen aufstützt oder wenn es in der sitzenden Position seitlich nach Gegenständen greift.
Eine anregende Umgebung hilft dem Kind in seiner individuellen Bewegungsentwicklung. Diese beinhaltet genügend Raum und attraktive Gegenstände zum Erkunden. Möbel wie ein Stuhl können das Kind anregen, sich daran hochzuziehen und auf die Beine zu kommen. In diesem Erfahrungsraum ist es jedoch wichtig, Gefahren zu erkennen und diese weitgehend einzudämmen. Um dies zu erreichen, sollte nicht der Erfahrungsraum des Kindes eingeschränkt, sondern gefährliche Gegenstände ausser Reichweite gestellt werden. Damit das Kind sich überhaupt traut, die Umgebung zu erkunden, braucht es die Anwesenheit einer wohlwollenden und herzlichen Bezugsperson, die ihm Sicherheit und Geborgenheit gibt, ihm aber gleichzeitig zutraut, selbständig Erfahrungen zu machen.
Eltern haben häufig den Wunsch, ihr Kind bestmöglich in seiner Entwicklung zu unterstützen und seine Entwicklungsschritte zu fördern. Um diese selbst bewältigen zu können, braucht das Kind Zeit und Geduld von Seiten der Erwachsenen. Die Bezugspersonen dürfen darauf vertrauen, dass das Kind seine Entwicklungsschritte selbständig angeht, wenn es dazu bereit ist. Mit Geduld und Freude dürfen sie das Kind beobachten und es dabei begleiten, wie es von sich aus vom Liegen ins Sitzen findet. Erreicht das Kind diesen Entwicklungsschritt aus eigener Kraft, ist nicht nur seine Muskulatur genügend gekräftigt, um sich in der sitzenden Position halten zu können, sondern es erlebt auch den Erfolg, dies allein geschafft zu haben. Solche Erlebnisse stärken das Vertrauen des Kindes in seine Fähigkeiten und helfen ihm dadurch, auch kommende Herausforderungen anzugehen. Zeigt das Kind allerdings Ansätze eines nächsten Entwicklungsschrittes, hat aber noch Mühe bei dessen Umsetzung, kann die Bezugsperson eine Unterstützung geben, mit deren Hilfe das Kind die Bewegung dennoch weitgehend selbständig ausführen kann. Erkennt die Bezugsperson beispielsweise, dass das Kind zu einem etwas entfernt liegenden Gegenstand gelangen möchte, seine Krabbelversuche aber noch nicht ganz von allein gelingen, kann sie eine Hand an die Fusssohle des Kindes legen, sodass es sich daran abstossen und in die Bewegung kommen kann.
Damit sich ein Kind in seinem Tempo und auf seine Weise entwickeln kann, braucht es Zeit und Freiraum, um eigentätig Erfahrungen zu machen. Bezugspersonen können das Kind in seiner Bewegungsentwicklung stärken, indem sie mit Freude Anteil nehmen an seinen täglichen Erkundungen und staunen, wie kompetent ihr kleiner Mitmensch schon ist.

Autorinnen: Loraine Bourban, Melanie Tsar

Filed under: deutsch, Entwicklung

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Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.