Der neue Impfplan ist da

Impfplan

Seit Anfang 2024 werden in der Schweiz neue ergänzende Impfungen gegen Rotaviren und Meningokokken B empfohlen. Dr. med. Anita Niederer erklärt, warum die empfohlenen Meningokokken-Impfungen sinnvoll sind.

Impfplan

Anita Niederer-Loher, Infektiologin am Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen und Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF)

Was sind Meningokokken?

Meningokokken sind Bakterien, die die oberen Atemwege besiedeln können. Bis zu 15 Prozent der Bevölkerung sind Träger dieser Bakterien, ohne Symptome zu haben. Diese Träger können die Bakterien an andere Menschen weitergeben.
Insgesamt gibt es zwölf verschiedene Meningokokken-Gruppen. Davon können uns fünf sehr krank machen. Gegen diese fünf Arten können Eltern ihre Kinder durch Impfen schützen.

Wie werden Meningokokken-Bakterien übertragen?

Die Ansteckung erfolgt über Tröpfchen bei engem Kontakt von Mensch zu Mensch.

Tritt die Krankheit saisonal gehäuft auf?

Ja, in den Wintermonaten kommen Meningokokken-Infektionen etwas häufiger vor.

Zu welchen Symptomen führt eine Infektion mit Meningokokken?

Infizierte haben Fieber, und ihr Allgemeinzustand ist schlecht. Häufig treten auch Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit auf, was auf einen Befall der Hirnhaut hinweisen kann. Zudem kann es zu kleinen Einblutungen auf der Haut kommen. Die Symptome entwickeln sich sehr rasch, und der Zustand der Patientinnen und Patienten verschlechtert sich innerhalb weniger Stunden massiv. Weil eine Meningokokken-Infektion häufig zu Komplikationen führt, müssen Betroffene meistens auf der Intensivstation behandelt werden. Zu den Komplikationen gehören eine Blutvergiftung, Blutgerinnungsstörungen sowie eine Hirnhautentzündung. Diese Komplikationen enden oft tödlich oder können schwerwiegende Folgen haben.

Welche Folgen sind möglich?

Eine Blutvergiftung kann dazu führen, dass die Arme und/oder Beine nicht mehr durchblutet und amputiert werden müssen oder Organe wie Niere oder Leber geschädigt und in ihrer Funktion gestört werden. Auch das Hirn kann geschädigt werden was zum Beispiel Taubheit, Blindheit oder eine geistige Beeinträchtigung verursachen kann.

Wie erfolgen die Meningokokken-Impfungen?

Es gibt ergänzende Impfempfehlungen zum Schutz vor einer Infektion mit Meningokokken der Gruppe B sowie zum Schutz vor Meningokokken der Gruppen A, C, W und Y. Bei Säuglingen werden die Impfungen in den Oberschenkel verabreicht, bei Kindern und Jugendlichen in den Oberarm.
Für einen optimalen Schutz gegen Meningokokken der Gruppe B braucht es zwei Impfungen im ersten Lebensjahr und eine dritte Impfdosis im zweiten Lebensjahr. Ausserdem sind zwei Impfungen zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr empfohlen.
Beim Schutz gegen die Meningokokken der Gruppen A, C, W und Y stehen zwei Impfstoffe zur Verfügung. Optimal wird zwischen 12 und 18 Monaten, je nach Impfstoff, einmal oder zweimal geimpft. Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren benötigen eine weitere Impfdosis.
Die Kosten der Meningokokken-Impfungen werden von den Krankenkassen vergütet, wenn sie entsprechend der Empfehlung erfolgen.

Warum werden die ergänzenden Impfungen gegen Meningokokken speziell für Säuglinge und Jugendliche empfohlen?

Wir wissen, dass Kinder im ersten Lebensjahr und Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren überproportional häufig an einer invasiven Meningokokken-Infektion erkranken. Invasive Meningokokken-Infektionen sind selten. Wenn sie auftreten, verlaufen sie jedoch sehr schwer. Bei Säuglingen sind es 5 pro 100’000 und bei Jugendlichen 2 von 100’000. In den anderen Altersgruppen sind deutlich weniger Menschen betroffen. Die ergänzende Impfung schützt Kinder und Jugendliche also in jener Zeit, in der sie dem höchsten Risiko ausgesetzt sind.

Kann man die Impfung nachholen, wenn man das optimale Alter verpasst hat?

Ja, die Impfungen können bis zum fünften Geburtstag und bei Jugendlichen bis zum 20. Geburtstag nachgeholt werden. Da Kinder im ersten Lebensjahr und Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren jedoch besonders gefährdet sind, ist ein früher Schutz sinnvoll.

Welche Nebenwirkungen können die Impfungen haben?

Wichtig zu wissen ist, dass eine Meningokokken-Impfung die Krankheit nicht auslösen kann. Möglich ist jedoch, dass ein bis zwei Tage nach der Impfung Fieber auftritt. Das ist eigentlich ein positives Zeichen und bedeutet, dass das Immunsystem dabei ist, den Schutz aufzubauen. Die Einstichstelle kann manchmal ein paar Tage weh machen. Diese Symptome darf man behandeln. Sie verschwinden jedoch auch von allein innert ein bis zwei Tagen.
Wenn Eltern die Impfung gegen Meningokokken B gleichzeitig mit den empfohlenen Basisimpfungen im Alter von zwei und vier Monaten verabreichen lassen wollen, dürfen sie ihrem Baby vorbeugend Paracetamol geben, um die Fieberwahrscheinlichkeit zu verringern. Das ist aber kein Muss. Ein fiebersenkendes Mittel beeinträchtigt den Aufbau des Immunschutzes nicht.

Ist das Immunsystem des Babys nicht überfordert, wenn man am gleichen Tag verschiedene Impfstoffe verabreicht?

Nein. Das Immunsystem des Neugeborenen wird bereits in den ersten 24 Stunden nach der Geburt mit Milliarden von Keimen aus der Umgebung konfrontiert. Es ist ab der ersten Lebensminute in der Lage, gleichzeitig mit zahlreichen Keimen umzugehen. Verschiedene Impfungen enthalten jeweils wenige Bestandteile von Krankheitserregern und können also problemlos am gleichen Tag verabreicht werden.

Weitere Informationen: