Bewegung von Anfang an

Der Bewegungsdrang ist Babys angeboren. Damit sie sich motorisch optimal entwickeln können, gilt es einiges zu beachten.

Grundsätzlich benötigt ein gesundes Baby keine Unterstützung bei der Entwicklung seiner Grobmotorik. Die Eltern können aber Bedingungen schaffen, die ihm helfen, Bewegungsabläufe leichter beherrschen zu lernen. So sollte schon das Neugeborene möglichst viel Zeit auf einer flachen Unterlage verbringen. Ab dem vierten Monat ist eine Krabbeldecke am Boden der ideale Aufenthaltsort für das Baby. Susanne Thommen, Kinderphysiotherapeutin aus Oberwil BL, empfiehlt: «Durch die Bewegungsfreiheit am Boden kann das Kind neue Bewegungsabläufe ausprobieren und trainieren. So gelingt es ihm bald, sich erst auf die Seite und dann auf den Bauch zu drehen.» Die Expertin rät Eltern davon ab, ihr Kind den ganzen Tag in einer Wippe oder einer Babyschale sitzen zu lassen. «Diese Hilfsmittel schränken das Kind in seiner motorischen Entwicklung massiv ein. Die natürliche Gewichtsverlagerung und das harmonische Zusammenspiel der ganzen Muskulatur werden unterbunden.» Bei ganz kleinen Säuglingen besteht in diesen Hilfsmitteln zudem die Gefahr, dass der Kopf aufgrund seines Gewichts zur Seite kippt und die Entwicklung der Symmetrie beeinträchtigt wird.

Nicht nur auf dem Rücken

Seit Schlafen in Bauchlage mit dem plötzlichen Kindstod in Verbindung gebracht wird, trauen sich viele Eltern nicht mehr, ihren Säugling im Wachzustand in eine andere Position als die Rückenlage zu bringen. «Das kann Konsequenzen haben. Liegen Babys immer nur auf dem Rücken, neigen viele dazu, den Kopf stets auf die gleiche Seite zu drehen. In der Praxis sehen wir daher immer mehr Babys, deren Schädel einseitig abgeflacht ist. Zudem werden bei Kindern, die immer auf dem Rücken liegen, die Bogengänge in den Gehörgängen nicht genügend aktiviert, wodurch das Gleichgewichtssystem zu wenig Anregung erhält», erklärt Susanne Thommen. Sie empfiehlt deshalb, schon Neugeborene im Wachzustand immer wieder mal auf die Seite oder auf den Bauch zu legen: «Am Anfang reichen ein bis zwei Minuten am Stück in Bauchlage auf dem Arm oder dem Bauch eines Elternteils, dafür sollte das mehrmals täglich passieren.» Ab dem dritten Monat ist es wichtig, das Baby bäuchlings so auf eine schiefe Ebene zu legen, dass sein Kopf höher liegt als sein Gesäss. Dadurch muss es weniger gegen die Schwerkraft arbeiten. Seine Ellbogen sollten zudem vor den Schultern in Stützstellung platziert werden. So fühlt sich das Baby wohl und bleibt von sich aus immer länger in dieser Position. In der Bauchlage kann das Baby seine Rücken-, Nacken- und Schultermuskulatur trainieren. Sobald die Muskulatur stark genug und die Koordinationsfähigkeit genügend ausgereift ist, entdeckt das Kind von sich aus verschiedene Positionen und Bewegungen wie Robben, Krabbeln, Sitzen und Gehen.

«Hilf mir, es selber zu tun»

Eltern müssen ihrem Kind nicht zeigen, wie es sitzen kann. Es übt diese Position bereits, wenn es in Rückenlage mit seinen Füssen spielt. In der Bauchlage trainiert es die Rückenmuskulatur. Aus der Krabbelposition setzt es sich selbständig hin. «Heute werden viele Kinder zu früh hingesetzt, oft in Sitzhilfen, die nicht zu empfehlen sind. Ihre Rückenmuskulatur ist meist noch zu wenig ausgebildet, und es entsteht ein Buckel in der unteren Wirbelsäule», erläutert Susanne Thommen. Oft wollen sie dann auch nicht mehr in die Bauchlage zurück, in der sie verschiedene Arten der Fortbewegung trainieren könnten. Das Resultat des zu frühen Hinsetzens: Durch die statische Haltung werden viele Babys bewegungsfaul.

Die ersten Schritte

Die meisten Eltern können es kaum erwarten, dass ihr Kind die ersten Schritte macht. Aber auch fürs Laufenlernen gilt: Babys brauchen keine Hilfe dabei. «Ich rate Eltern dringend davon ab, ein Lauflerngerät anzuschaffen. Diese Geräte stören die natürlichen Gehbewegungen. Das Kind geht vorwiegend auf den Zehen und hat keine Möglichkeit, sein Körpergewicht auf die Fusssohlen zu verlagern», erklärt Susanne Thommen. So kann es auch seinen Gleichgewichtssinn nicht trainieren. Nicht zuletzt bergen Lauflerngeräte ein hohes Verletzungsrisiko, weil sie kippen, die Treppe hinunterfallen und Geschwindigkeiten erreichen können, mit denen das Kind noch nicht umgehen kann.

Tipps, die bei ersten Krabbel- und Aufstehversuchen helfen:

  • Achten Sie darauf, dass die Unterschenkel Ihres Kindes nicht wegrutschen (nackte Beine, die Strumpfhose im Bereich der Unterschenkel mit Antirutschpaste bestreichen, Antirutschsocken).
  • Wenn Sie in Ihrer Wohnung Parkettböden haben, statten Sie eine Zimmerecke mit einer rutschfesten Matte oder einem Teppich aus.
  • Ideal ist es, wenn sich das Baby in dieser Zimmerecke an stabilen Möbeln hochziehen kann.