Über Schwangerschaft und Geburt informieren sich werdende Mütter meist sehr ausführlich. Über das, was sie im Wochenbett erwartet, wissen vor allem Erstgebärende weniger gut Bescheid. Hier das Wichtigste in Kürze.
Dammschnitt/Dammriss
Ein Dammschnitt oder Dammriss wird nach der Geburt unter Lokalanästhesie mit einem Faden ein- bis dreischichtig genäht. Der Faden löst sich nach einigen Tagen von selbst auf. Geburtsverletzungen bereiten vielen Frauen in den ersten Tagen bis Wochen nach der Geburt Schmerzen beim Sitzen, Gehen oder Wasserlassen. In der Regel heilt sowohl ein Dammschnitt als auch ein Dammriss gut. Um das Infektionsrisiko möglichst zu reduzieren, empfiehlt die Hebamme Anna Heldstab Indermaur aus Berneck eine sorgfältige Intimpflege nach jedem WC-Besuch. «Am besten verwendet man zur Reinigung eine Spülflasche mit warmem Wasser und wenig Ringelblumentinktur, die übrigens auch zur Nabelpflege verwendet werden kann», rät die Fachfrau.
Liegt ein Hämatom (Bluterguss) im Vaginalbereich vor, hilft Kühlen des Damms (z.B. mit einem Coldpack, mit in ein Tuch eingewickelten Eiswürfeln oder mit kalten Kompressen aus Quark mit Lavendelessenz).
Ein spezielles Kissen erleichtert in der ersten Zeit nach der Geburt das Sitzen. Wer diese Investition nicht tätigen will, kann auch zwei Stühle in einem spitzen Winkel zueinander stellen. So ist die schmerzende Stelle beim Sitzen keinem Druck ausgesetzt. Sind die Schmerzen sehr stark, dürfen auch stillende Mütter gewisse Schmerzmittel nehmen.
Kaiserschnittnarbe
In der Schweiz erblicken rund 30% der Babys das Licht der Welt mittels Kaiserschnitt. Meist wird die Öffnung in der Bauchdecke mit Klammern geschlossen, die in der Regel nach fünf Tagen entfernt werden. Nach dem operativen Eingriff sind Gefühlsstörungen rund um die Narbe nicht aussergewöhnlich. «Deshalb sollte die Narbe möglichst bald und häufig massiert werden», erklärt Anna Heldstab Indermaur. Sie empfiehlt zum Beispiel Johanniskraut- oder Nachtkerzenöl, eine Narbensalbe oder eine Energiecreme. Die Massage trägt dazu bei, dass sich die Sensibilität rund um die Narbe wieder einstellt. «Wichtig ist, dass bei der Massage die Haut gegen das darunter liegende Gewebe verschoben wird. Das verhindert, dass sich die Narbe einzieht oder es zu unschönen Verwachsungen kommt», sagt die Hebamme.
Nachwehen
Nachwehen treten normalerweise einige Stunden nach der Geburt auf und sorgen dafür, dass sich die Gebärmutter wieder zusammenzieht. Bereits nach sechs bis acht Wochen hat sie ihre ursprüngliche Grösse angenommen und verschwindet hinter dem Schambein. Durch das Zusammenziehen kommt die Blutung an der Stelle, an der sich die Plazenta abgelöst hat, zum Stillstand, und die Wunde heilt ab. Weshalb manche Frauen unter starken Nachwehen leiden, während andere kaum etwas spüren, ist nicht bekannt. Leidet eine Erstgebärende an heftigen Nachwehen, nimmt deren Intensität meist mit jeder weiteren Geburt zu.
Linderung verschafft ein warmes Kirschkernsäckchen oder eine Wärmflasche, die in den Rücken gelegt wird (auf keinen Fall auf den Bauch). Die Wärme entspannt, und das geronnene Blut (Blutkoagel), das sich eventuell in der Gebärmutter angesammelt hat, kann leichter abtransportiert werden. Bei sehr heftigen Nachwehen helfen nur starke Schmerzmittel. Die intensiven Nachwehen klingen meist nach zwei Tagen ab.
Nachwehen können sich beim Stillen vorübergehend verstärken, da sie durch das Hormon Oxytocin hervorgerufen werden, das auch den Milchfluss anregt. Vorteil des Stillens: Die Gebärmutter bildet sich schneller zurück als bei nicht stillenden Frauen. Nach einer Woche sind die Nachwehen in der Regel nicht mehr schmerzhaft.
Wochenfluss
Unter Wochenfluss versteht man die Absonderung von Blut und Wundsekret aus der Gebärmutter. Anfänglich ist der Wochenfluss rot, dann rosa bis braun und später gelblich bis farblos. Der Wochenfluss dauert vier bis sechs Wochen und ist Teil des normalen Wundheilungsprozesses. Bei Müttern, die stillen, klingt der Wochenfluss in der Regel schneller ab, da sich deren Gebärmutter beim Stillen immer wieder zusammenzieht, was das Abfliessen des Wochenflusses beschleunigt. Anna Heldstab Indermaur empfiehlt, keine Tampons, sondern ausschliesslich Binden ohne Kunststoffeinlage (z.B. Wattebinden) zu verwenden und diese häufig zu wechseln. Die Rückbildung der Gebärmutter und der Abfluss des Wundsekrets werden gefördert, indem sich die Mutter zweimal pro Tag für eine halbe Stunde auf den Bauch legt und gleich anschliessend zum Wasserlösen die Toilette aufsucht. Generell sollte die Blase regelmässig entleert werden. Klingt der Wochenfluss nicht ab, nimmt er einen üblen Geruch an und kommen dazu noch Fieber und diffuse Schmerzen im Unterbauch, muss die betroffene Frau sofort die Hebamme, die Frauenärztin oder den Frauenarzt kontaktieren. Diese Zeichen könnten darauf hinweisen, dass sich immer noch Reste der Plazenta in der Gebärmutter befinden und die Absonderung des Wochenflusses behindern.
Milcheinschuss
In der Regel vergrössern sich die Brüste zwei bis drei Tage nach der Geburt durch die einschiessende Milch. Sie fühlen sich prall an und schmerzen manchmal. Nach einem Kaiserschnitt kann es etwas länger dauern, weil das Hormon Oxytocin verzögert freigesetzt wird. In der Folge kann das Neugeborene nicht ausreichend trinken, und es wird weniger Prolaktin wird freigesetzt, das es für die Milchbildung braucht. Eine sanfte Brustmassage vor dem Stillen hilft, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Ausserdem kann die Mutter eine Verzögerung des Milcheinschusses verhindern, indem sie ihr bis auf die Windel ausgezogenes Baby auf ihren nackten Oberkörper legt.
Beim Milcheinschuss erhöht sich bei einigen Frauen die Körpertemperatur. Mütter, die ihr Baby sofort nach der Geburt regelmässig anlegen, empfinden den Milcheinschuss meist als nicht sehr schmerzhaft. Brigitte Benkert, Stillberaterin IBCLC, empfiehlt deshalb, das Neugeborene nach der Geburt oft, bis zu alle zwei Stunden anzulegen: «Um dem Wundwerden der Brustwarzen vorzubeugen, ist es wichtig, dass das Baby korrekt saugt und gut positioniert ist.» Bei Ödemen im Warzenhof und im Brustbereich (gespannte, pralle Brüste und geschwollene Brustwarzenhöfe) empfiehlt die Stillberaterin, die Brüste sanft zu massieren und vor dem Stillen etwas Milch auszustreichen. Ist die Brust weich, kann das Baby die Brustwarze inklusive eines Teils des Vorhofs besser fassen. Auch das Auflegen von lauwarmen Kompressen und Wickeln vor dem Stillen sowie eine spezielle Brustmassage zur Lymphdrainage können die Beschwerden beim Milcheinschuss lindern. Nach dem Stillen helfen kühlende Quarkkompressen (z.B. mit Lavendelessenz oder Retterspitz) sowie Coldpacks (nicht kälter als Kühlschranktemperatur). Am besten lässt sich die Mutter dabei von einer Stillberaterin IBCLC (Berufsverband Schweizerischer Stillberaterinnen) oder einer Hebamme instruieren.
Harnverhalten/Inkontinenz
Nach der Geburt wird das in der Schwangerschaft eingelagerte Gewebewasser schnellstens wieder ausgeschieden. Die Blase füllt sich rasch, was von der Wöchnerin aber nicht immer bemerkt wird. Daher kann es beim Lachen oder Husten zu ungewolltem Harnabgang kommen. Diese leichten Empfindungsstörungen verschwinden jedoch meist ein paar Tage nach der Geburt. Anders sieht es bei der Harninkontinenz aus. Ursachen für Harn- und Stuhlinkontinenz sind die Überlastung des Beckenbodens durch die Schwangerschaft und die Überdehnung der Beckenbodenmuskulatur bei der Geburt oder ein erweiterter Dammriss, der die Aftermuskulatur in Mitleidenschaft gezogen hat. Auch Frauen, die durch Kaiserschnitt geboren haben, sind vor Inkontinenz nicht gefeit. Bereits während der Schwangerschaft und nach der Geburt sollten alle Frauen ihren Beckenboden gezielt stärken und schonen, zum Beispiel indem sie Sportarten betreiben wie Walking oder Schwimmen, die den Beckenboden nicht zusätzlich belasten. Nach der Geburt ist ein Kurs für Rückbildungsgymnastik oder Beckenbodentraining ideal. Frauen, die vaginal geboren und keine Probleme mit dem Dammschnitt haben, können sechs Wochen nach der Geburt mit der Rückbildung beginnen. Nach einem Kaiserschnitt ist eine Schonzeit von acht bis zehn Wochen empfehlenswert.
Verstopfung
Viele Frauen leiden im Wochenbett an Verstopfung. Grund dafür sind einerseits Bedenken, dass die Naht nicht hält, andererseits müssen viele Frauen kurz vor der Geburt und auch danach Eisenpräparate zu sich nehmen. «Eisen begünstigt Verstopfung», sagt Anna Heldstab Indermaur und empfiehlt, die Einnahme von Eisenpräparaten bei schwerer Verstopfung etwas zu drosseln und sie zum Beispiel nur jeden zweiten Tag einzunehmen. Neben einer ballaststoffreichen Ernährung mit viel Gemüse und Vollkornprodukten wirken Flohsamen bei Verstopfung Wunder. Sie müssen aber mit genügend Wasser eingenommen werden (zum Beispiel: einen Teelöffel Flohsamen ins Joghurt geben und ein Glas Wasser dazu trinken). Ebenfalls positiv auf die Verdauung wirkt eine Fussreflexzonenmassage, bei welcher der Dickdarm speziell stimuliert wird.
Baby-Blues
Bis zu 40% der Mütter leiden nach der Geburt am Baby-Blues, der nicht mit einer Wochenbettdepression zu verwechseln ist. Sie sind sehr dünnhäutig und sensibel, traurig und ängstlich, ruhelos und manchmal auch gereizt. In der Regel setzt der Baby-Blues zwischen dem dritten und dem fünften Tag nach der Entbindung ein und dauert drei bis vier Tage. Der Baby-Blues hängt zu einem grossen Teil mit den biologischen Veränderungen zusammen. Während der Schwangerschaft bildet die Plazenta Hormone, die auch die Stimmung beeinflussen. Der Hormonentzug nach der Geburt (Rückgang von Östrogen, Progesteron und im Zusammenhang mit der Geburt auch von Endorphinen) kann sich negativ auf die Stimmung auswirken. In der ersten Zeit nach der Geburt muss die Mutter viele neue Aufgaben meistern. Gleichzeitig wollen Freunde und Verwandte die Ankunft des Babys feiern. Oft fehlt den Besuchern die Fähigkeit, sich in die Situation der Mutter einzufühlen.
Trotz der Heultage sollte die frischgebackene Mutter sofort in die Babypflege eingebunden werden und sich Bereiche aneignen, in denen sie sich kompetent fühlt. Denn eine Entmündigung oder absolute Schonung der Mutter auf diesem Gebiet könnte die Symptome des Baby-Blues noch verstärken.
Tipps, die bei Geburtsverletzungen helfen:
- Arnikakompressen
- Wundsalbe mit Ringelblumenextrakt
- Wallwurzgel oder -salbe (bei Blutergüssen)
- Rest des Dammvorbereitungsöls
- bei grossen oder schlecht heilenden Wunden Sitzbäder mit Wundsalz nach Stadelmann
- Arnikaglobuli
Ab wann kann ich wieder Geschlechtsverkehr haben?
Geschlechtsverkehr können Sie nach vollständigem Versiegen des Wochenbettflusses haben und wenn Sie wieder Lust haben. Benutzen Sie dabei eine Gleitcreme, denn während der Stillzeit ist die Vagina trockener und die Schleimhaut hormonell bedingt dünner und verletzlicher als sonst.
Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.