In den ersten Lebensjahren übernehmen Eltern die Verantwortung, ihr Kind vor den negativen Auswirkungen der Sonne zu schützen. Im folgenden Interview erklärt Dr. Kristin Kernland Lang, Dermatologin an der Kinderklinik des Kantonsspitals Baden, worauf sie dabei achten müssen.
Weshalb gilt es, einen Sonnenbrand von klein auf unbedingt zu vermeiden?
Ein Sonnenbrand führt zu einer schweren Schädigung der Haut und hinterlässt immer Spuren, die die Haut nie vergisst. Der Schutz vor übermässiger Sonneneinstrahlung auf unserer Haut ist der wichtigste beeinflussbare Faktor zur Prävention von schwarzem Hautkrebs. Einen Sonnenbrand dürfen wir niemals unterschätzen. Manche Kinder reagieren auf zu viel Sonne zusätzlich mit Blasenbildung auf der Haut und Fieber.
Gibt es Unterschiede, wie man Babys, Kleinkinder und ältere Kinder vor der Sonne schützen soll?
Unabhängig vom Alter muss ein Sonnenbrand bei allen Kindern durch Einschränkung des Aufenthalts in der Sonne, Kleidung und Eincremen werden. Babys gehören im ersten Lebensjahr nicht an die pralle Sonne. Kleinkinder und ältere Kinder sollten die direkte Sonneneinstrahlung zwischen 11 und 15 Uhr meiden. Wichtig ist auch, dass Kinder, die sich in der Sonne aufhalten, einen breitkrempigen Hut tragen, der Gesicht, Ohren und Nacken schützt. Dies gilt insbesondere auch für Kinder, die keine Sonnenbrille tragen wollen. Am besten gehen Eltern mit gutem Vorbild voran und schützen sich ebenfalls durch Eincremen und mit einem Hut. Das verantwortungsvolle Verhalten der Eltern wirkt sich auf das Verhalten des Kindes aus.
Warum gehören Babys nicht in die pralle Sonne?
Weil ihre Haut, insbesondere ihre Hornhaut, sehr dünn ist und deren Eigenschutz noch ungenügend ausgebildet ist. Man darf nicht vergessen, dass die Eigenschutzzeit der Babyhaut nur wenige Minuten beträgt. Da Babys sich nicht selbstständig in den Schatten zurückziehen können, ist ihr Risiko für einen Sonnenbrand und eine Überhitzung sehr gross.
Bedeutet dies, dass Sonne für Babys grundsätzlich schlecht ist?
Nein, die Sonne darf man nicht verteufeln. Ohne Sonne gibt es kein Leben. Der Mensch braucht sie, unter anderem um Vitamin D in der Haut zu produzieren. Bei blauem Himmel sollen Eltern sich mit ihrem Baby im Freien bewegen, aber den Aufenthalt im Schatten oder im Wald bevorzugen. In den ersten zwölf Lebensmonaten gehören Babys definitiv nicht an den Strand.
Welche Sonnencreme ist ideal für Babys?
Für Babys sind Produkte mit mineralischen Filtern mit dem Lichtschutzfaktor 50 empfehlenswert. Diese schützen sofort nach dem Auftragen. Die enthaltenen Mineralien reflektieren die Sonnenstrahlen und beugen so auch Überhitzung vor. Diese Cremen empfehle ich auch stillenden Müttern. Neben dem Eincremen bietet vor allem Kleidung den besten Schutz vor übermässiger Sonneneinstrahlung.
Wie viel Creme braucht es?
Mehr als viele denken. Die Eltern sollten die Creme grosszügig an allen exponierten Stellen des Kindes, zum Beispiel auch an Ohren, Fusssohlen und Nacken auftragen. Für Gesicht und Füsse eines Babys braucht es eine Menge Sonnencreme, die etwa einer Haselnuss entspricht. Um einen Erstklässer ganz einzucremen, ist eine golfballgrosse Menge notwendig. Eine Sonnencremetube reicht also nicht für den ganzen Sommer. Beim Eincremen des Gesichts sollten die Eltern die Wimpernregion an den Augen aussparen, da die meisten Sonnencremen in den Augen brennen. Besser ist es, die Augen mit einer Sonnenbrille zu schützen.
Wie oft sollte man ein Kind mit Sonnencreme eincremen?
Ich empfehle, Kinder im Sommer morgens und mittags einzucremen. In der Badi muss die Sonnencreme nach jedem Abtrocknen neu aufgetragen werden, selbst wenn es sich um eine wasserfeste Creme handelt. Durch den Aufenthalt im Wasser und das Abtrocknen mit einem Frottiertuch nimmt der Schutz dieser Produkte ab. Durch erneutes Auftragen der Sonnencreme lässt sich die Zeit, in der sich ein Kind geschützt in der Sonne aufhalten kann, nicht verlängern. Es kann lediglich der ursprüngliche Schutz aufrechterhalten werden.
Auf was sollten Eltern beim Kauf einer Sonnencreme für Babys und Kleinkinder achten?
Sie sollte möglichst wenig Inhaltsstoffe haben, aber einen guten Schutz bieten. Ab dem Kleinkindalter dürfen neben mineralischen Sonnencremen auch Sonnenschutzmittel mit chemischem Filter verwendet werden. Letztere müssen aber 20 Minuten vor dem Aufenthalt im Freien aufgetragen werden. Für den Sonnenschutz im Sommer empfehle ich leichte Cremen, da sehr fettige Produkte bei manchen Kindern in Kombination mit Hitze zu einem Ausschlag führen können. Fettreiche Produkte sind besser im Winter.
Manche Sonnencremes enthalten Stoffe wie Oxybenzon, Octocrylen und Parabene, die für das Bleichen der Korallen verantwortlich gemacht werden. Ist das so?
Einzelne dieser Stoffe können gemäss aktuellem Wissensstand auf Korallenriffe giftig wirken. Sie sind zum Teil nicht biologisch abbaubar und reichern sich in den Organismen an und gelangen zum Beispiel über den Fischkonsum in die Nahrungskette. Wer einen Beitrag zum Schutz der Meere leisten will, bevorzugt zum Beispiel Produkte mit dem Label «EcoSun Pass».
Wie sieht es bezüglich der Sicherheit von mineralischen Sonnencremen aus, die Nanopartikel enthalten?
Die in diesen Produkten enthaltenen Titanium- und Zinkoxidpartikel werden zwar als Nanopartikel bezeichnet. Sie sind jedoch so gross, dass sie bei intakter Haut nicht vom Körper aufgenommen werden. Mineralische Filter sind die Produkte der Wahl insbesondere für Babys.
Wie hilfreich sind UV-Shirts oder -Badeanzüge?
Absolut empfehlenswert. Ich rate Eltern jedoch, UV-Shirts ein bis zwei Nummern grösser zu kaufen, um einen Hitzestau zu vermeiden. Bei manchen Shirts können die Nähte Reibung auf der Haut erzeugen, was Ekzeme begünstigt. Am besten näht man diese Nähte ab, oder das Kind trägt das Shirt verkehrt herum.
Was empfehlen sie bezüglich der Kleidung im Sommer?
Auch wenn Trägershirts und -röckchen hübsch aussehen, sollten Kinder im Hochsommer immer Kleidung tragen, die die Schultern bedeckt. Langärmlige Shirts bieten den besten Schutz vor der Sonne. Luftige Baumwollkleidung reduziert das Risiko für einen Hitzestau. Helle und nasse Kleider lassen die UV-Strahlen eher durch. Ist die Kleidung grosszügig geschnitten, spricht aber nichts gegen helle Farben. Ein Hut schützt auch vor einem Sonnenstich.
Stimmt es, dass Sonnencreme das beste Antiaging-Mittel ist?
Ja, auf jeden Fall. Um sich möglichst lange an faltenfreier Haut zu erfreuen, ist ein guter Sonnenschutz im Gesicht, am Hals und Dekolletee sowie am Handrücken von klein auf wichtig.
Der Körper braucht Sonne, um Vitamin D zu bilden. Wird dieser Prozess nicht durch Sonnencreme behindert?
Aktives Vitamin D entsteht unter Einwirkung des Sonnenlichtanteils UV-B in der Haut. Ob die tägliche Anwendung von Sonnenschutzmitteln zu einem Vitamin-D-Mangel führt, wird im Moment noch unterschiedlich beurteilt. Neuere Ergebnisse von Studien weisen darauf hin, dass Sonnenschutzmittel genügend UV-B-Strahlung durchlassen, die es für eine ausreichende Vitamin-D-Produktion braucht, sofern wir uns täglich im Freien aufhalten. Auch braun werden wir trotz eines hohen Schutzfaktors. Für Kinder in den ersten drei Lebensjahren empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit die Gabe von Vitamin D.
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Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.