Tipps für den Kinderwagenkauf

Kinderwagen kaufen

Im Interview informiert Dagmar Drees, worauf Eltern beim Kinderwagenkauf achten sollten. Sie erklärt, warum praktische Modelle nicht immer die beste Wahl sind.

Es gibt unzählige Kinderwagenmodelle auf dem Markt. Was ist beim Kinderwagenkauf besonders wichtig?

Kinderwagenkauf

Dagmar Drees, Physiotherapeutin mit Weiterbildung im Bereich der Neuropädiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie

Auch wenn es praktisch erscheinen mag, sollten Eltern keinen Kinderwagen mit abnehmbarem Sitz kaufen, der auch fürs Auto verwendet werden kann, ab. Die Sitzposition ist eine Sackgasse für die Bewegungsentwicklung: Autositze sind für den Transport des Babys im Auto zwingend erforderlich. Sie hemmen aber, dass sich das Baby frei bewegen und motorisch gesund entwickeln kann. Deshalb sollte der Autositz nur für den sicheren Transport im Auto eingesetzt werden. Für den Transport ausserhalb des Autos empfehle ich einen Kinderwagen. Ideal sind Modelle mit einer Wanne, in der das Neugeborene flach liegen, strampeln und auch mal auf der Seite liegen kann. Zentral ist, dass das Kind Blickkontakt zu den Eltern hat, auch wenn es schon im Buggy sitzen kann.
Nicht zuletzt ist das Tragen des Babys im Autositz für die Eltern sehr anstrengend. Viele Mütter klagen über Rückenschmerzen. Lieber tragen die Eltern ihr Baby für kurze Strecken mal im Arm.

Warum ist der Blickkontakt so wichtig?

Er ist essentiell für die frühkindliche Bindungsentwicklung. Wenn diese gut verläuft, sind Kinder emotional stabil und geerdet. Der Blickkontakt wirkt sich auch auf die psychische Gesundheit, die Sprachentwicklung und die Spiel- und Lernentwicklung des Kindes aus. Hat das Baby im Kinderwagen die Möglichkeit, die Eltern anzuschauen, werden diese mehr mit ihm sprechen und auch non-verbal mit ihm kommunizieren. Das ist die Basis für die Sprachentwicklung. Nur wenn das Kind entgegengesetzt zur Fahrtrichtung sitzt, sind die Eltern immer mit ihm in Kommunikation. Die Eltern sind Vorbild für ihr Kind. Das Kind schaut also immer, wie sie in einer bestimmten Situation reagieren und lernt durch Nachahmung.

Was halten Sie vom Transport in einer Tragehilfe oder einem Tragetuch?

Am Anfang sollten alle Babys im Wagen liegen dürfen. Sowohl im Autositz als auch in einer Tragehilfe sackt der Körper des Neugeborenen zusammen. Der Druck auf das Becken, die Hüftgelenke und die Wirbelsäule ist enorm. In den ersten vier Monaten sollte das Kind nicht sitzen, weil sein Körper von der Muskelkraft damit überfordert ist. Generell rate ich Eltern davon ab, das Sitzen mit dem Kind zu üben. In diese Position kommt es von allein, wenn es dafür bereit ist.
Der Einsatz einer Tragehilfe kann manchmal aus praktischen Gründen sinnvoll sein. Wichtig ist, dass das Tuch an den Oberschenkeln nicht einschneidet und das Baby nur kurze Zeit darin getragen wird. Im Winter müssen die Eltern darauf achten, dass das Kind nicht an den Beinen friert, wenn die Hosenbeine hochrutschen.

Wie lange sollte das Kind im Kinderwagen Blickkontakt zu den Eltern haben?

Möglichst lange, auf jeden Fall im ersten Lebensjahr. So haben die Eltern Kontakt zum Kind und bleiben mit ihm in Kommunikation, was für die Vertrauensentwicklung wichtig ist. Kinder, die früh in Fahrtrichtung transportiert werden, sind schnell überfordert von den vielen Eindrücken, die an ihnen vorbeirauschen. Dasselbe gilt auch fürs Tragetuch, wenn das Baby in Laufrichtung getragen wird. Oft sind diese Kinder am Abend überreizt und weinen viel.
Ist ein Kind reif, um mehr von seiner Umgebung sehen zu wollen, wird es sich nach hinten drehen. Jetzt darf man den Aufsatz für den Buggy in Laufrichtung positionieren.

Filed under: Elternsein

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Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.