Stolpern und Hinfallen gehören zur Entwicklung jedes Kindes. Was Eltern über Stürze auf den Kopf wissen müssen, erfahren sie hier.
Babys und Kleinkinder verletzen sich beim Hinfallen oft am Kopf. In diesem Alter ist der Kopf im Vergleich zum Körper gross und schwer. Gleichzeitig sind Kinder noch nicht in der Lage, einen Sturz abzufangen. Für die Eltern sehen Stürze oft ganz schlimm aus, und sie machen sich Sorgen. Dr. Georg Staubli, Leitender Arzt auf der Notfallstation des Kinderspitals Zürich, versichert aber: «Wenn Kinder aus dem Stand umfallen, kommt es fast nie zu schweren Verletzungen.» Gefährlicher wird es, wenn ein Baby oder Kleinkind aus einer Höhe, die seine Körpergrösse übersteigt, herunterfällt. «Je kleiner das Kind, desto grösser ist das Risiko, dass es zu Verletzungen kommt», sagt Georg Staubli. Auf der Notfallstation behandelt er immer wieder Babys, die vom Wickeltisch gefallen sind oder eine Treppe hinunterstürzten. Auch wenn Kinder zu klettern beginnen, steigt das Verletzungsrisiko.
Erste Hilfe bei Stürzen auf den Kopf
Wenn ein Kind nach einem Sturz zwar weint, sich aber innert kurzer Zeit beruhigen lässt und keine grosse Beule hat, deutet das meist darauf hin, dass keine ernsthafte Verletzung vorliegt. Hier hilft Kühlen mit einem nassen Waschlappen oder einem in ein Tuch eingewickelten Coldpack. Auch die Gabe eines leichten Schmerzmittels ist in Ordnung. Manche Kinder beruhigen sich schnell, wenn man ihnen Arnika-Globuli verabreicht. Arnika kann Blutergüsse reduzieren, bei gravierenden Verletzungen hat die Heilpflanze jedoch keinen Einfluss.
Georg Staubli empfiehlt Eltern, ihr Kind nach einem Sturz während 24 Stunden zu beobachten, denn Komplikationen (Hirnblutungen, Hirnschwellungen) treten manchmal erst nach einigen Stunden auf. «Verhält sich das Kind normal, ist es orientiert und erbricht nicht, brauchen sich die Eltern in der Regel nicht zu sorgen», sagt der Experte.
Wann zum Arzt?
Wenn ein Kind nach einem Sturz länger als eine halbe Minute bewusstlos ist, muss es sofort ins Spital gebracht werden. Auch wenn es innerhalb von 24 Stunden erbricht, immer wieder das Gleiche fragt, an Schwindel leidet, Erinnerungslücken hat, nachts aufgrund starker Kopfschmerzen immer wieder erwacht und nicht auf Schmerzmittel anspricht oder eine grosse Beule entwickelt, gehört es in ärztliche Behandlung. Hirnverletzungen wie Blutungen oder Schwellungen müssen behandelt werden, damit es nicht zu weiteren Verletzungen im Hirn kommt. Es ist jedoch nicht immer leicht, Hirnverletzungen von einer Hirnerschütterung zu unterscheiden. «Deshalb behalten wir Kinder nach einem schweren Sturz während 24 Stunden zur Beobachtung im Spital», sagt der Georg Staubli. «Werden die Symptome während der Beobachtungszeit schlimmer, machen wir ein Computertomogramm, um festzustellen, ob eine Hirnverletzung vorliegt.»
Ein Arztbesuch ist auch notwendig, wenn eine Rissquetschwunde entstanden ist oder Blut oder klare Flüssigkeit aus Nase oder Ohren tritt. Wenn das Kind aufs Gesicht gefallen ist, sollten die Eltern die Zähne und die Nase auf Veränderungen kontrollieren. «Einblutungen in der Nasenschleimhaut können die Nasenscheidewand schädigen, wenn Bakterien eindringen», erklärt der Notfallarzt.
Ruhe tut gut
Sowohl eine Hirnerschütterung als auch einen Schädelbruch ohne zusätzliche Verletzung des Gehirns kann und muss man in den ersten Lebensjahren nicht behandeln. Nach einem Schädelbruch braucht das Kind Bettruhe. Auch nach einer Hirnerschütterung sollte es die folgende Tage ruhiger angehen, keinen Sport treiben und die Sonne meiden.
Tipps zur Vorbeugung von Kopfverletzungen
- Stellen Sie den Wickeltisch möglichst in einer Ecke des Zimmers auf. Lassen Sie Ihr Kind nie unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch, im Hochstuhl oder im Kinderwagen. Im Hochstuhl und im Kinderwagen muss das Baby immer mit Gurten gesichert werden.
- Sichern Sie Treppen mit Gittern.
- Verzichten Sie in den ersten sechs Lebensjahren auf die Anschaffung eines Kajüten- oder Hochbettes.
- Lassen Sie Ihr Kind möglichst oft barfuss gehen oder ziehen Sie ihm Antirutschsocken oder Hausschuhe mit rutschfester Sohle an.
- Verzichten Sie auf Lauflernhilfen. Damit erreichen Kinder schnell Geschwindigkeiten, mit denen sie noch nicht umgehen können.
- Setzen Sie Ihrem Kind immer einen Helm auf, wenn es Laufrad, Dreirad, Trottinett oder Velo fahren will.
- Schütteln Sie Ihr Baby niemals. Gravierende Hirnverletzungen sind möglich.
- Schlagen Sie Ihr Kind niemals. Schläge auf den Kopf können das Hirn verletzen.
Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.