Manche Kinder haben am Morgen noch keinen Appetit und wollen nicht frühstücken. Andrea Werder, diplomierte Ernährungsberaterin FH am Universitäts-Kinderspital beider Basel, erklärt im folgenden Gespräch, worauf Eltern achten müssen, wenn ihr Kind das Frühstück ausfallen lässt und was ein gesundes Frühstück für Kinder ist.
In einigen Familien kommt es am Frühstückstisch zu Machtkämpfen, weil das Kind nicht essen will. Warum sind Machtkämpfe rund ums Essen ungünstig?
Essen bedeutet sehr viel mehr als einfach den Hunger zu stillen. Der soziale Aspekt und das Zusammensein mit der Familie sind enorm wichtig. Essen macht dann am meisten Spass, wenn die Stimmung gut und entspannt ist. Ist ein Kind wütend, wird es nicht essen wollen. Da ist es wichtig, dass die Eltern gelassen bleiben und nicht in eine hitzige Diskussion einsteigen. Essen wir vorgelebt und nicht anerzogen. Am Esstisch lernen Kinder anhand von Vorbildern, also vor allem von ihren Eltern. Die Eltern können ihren Kindern helfen, indem sie sich auch morgens zusammen mit ihnen an den Tisch setzen und gemeinsam mit ihnen frühstücken. Wenn ein Kind aber am Morgen noch keinen Hunger hat, ist Druck nicht hilfreich, sondern sogar kontraproduktiv.
Soll ein Kind ohne Frühstück in den Kindergarten oder zur Schule gehen dürfen?
Ein Frühstück kann ein guter Start in den Tag sein und das Kind für die Aufgaben stärken, die es im Kindergarten oder in der Schule erwarten. Allerdings gibt es Kinder, die morgens noch nichts essen mögen oder können. Hilfreich ist, wenn die Eltern sich selbst beobachten. Mag ich frühstücken? Kann ich von meinem Kind erwarten, dass es am Morgen etwas isst, wenn ich das selbst nicht tue? Tägliche Diskussionen um das Frühstück verunmöglichen einen entspannten Start in den Tag für die ganze Familie. Als Alternative zu einem vollwertigen Frühstück können die Eltern ihrem Kind zum Beispiel einfach ein Glas Milch anbieten oder ihm ein Znüni für den Kindergarten oder die Schule mitgeben.
Wie sieht ein gesundes Frühstück für Kinder aus?
Ein ausgewogenes Frühstück sollte nicht nur gut schmecken, sondern auch soweit sättigen, dass das Kind nicht nach einer Stunde schon wieder Hunger hat. Besonders geeignet sind zum Beispiel Ruch- oder Vollkornbrot mit Aufstrich und einem Glas Milch oder ein Müesli, zum Beispiel mit Joghurt, Haferflocken und Früchten. Weissmehlprodukte, wie Zopf oder weisser Toast, enthalten wenig komplexe Kohlenhydrate und machen deshalb nicht langfristig satt. Viele Frühstückscerealien und Müesliprodukte enthalten viel Zucker, weshalb sie für Kinder kein ideales Frühstück bilden. Nach dem Konsum solcher Produkte meldet sich der Hunger meist schnell zurück. Zudem begünstigt zu viel Zucker Karies und Übergewicht.
Welche Frühstücksgetränke sind für Kinder besonders geeignet, welche weniger?
Generell sollten Eltern ihre Kinder von klein auf an ungezuckerte Getränke gewöhnen. Wasser oder ungezuckerter Tee sind ideale Frühstücksgetränke. Ein Glas Fruchtsaft darf ab und zu auch einmal angeboten werden. Da auch ungesüsste Säfte aus dem Handel und frisch gepresste Säfte einen hohen Gehalt an Fruchtzucker enthalten, sollten Fruchtsäfte und Smoothies aber nicht täglich auf dem Frühstückstisch stehen.
Milch zählt wegen den darin enthaltenen Nährstoffen nicht zu den Getränken, sondern zu den Nahrungsmitteln.
Was sollten Eltern bei der Zubereitung eines Znünis beachten?
Das Znüni sollte so zusammengesetzt sein, dass das Kind seinen Hunger stillen kann und bis zum Mittagessen ausreichend satt ist. Es soll dem Kind wieder neue Energie geben und die Konzentrationsfähigkeit bis zum Mittagessen unterstützen.
Welche Znünis sind empfehlenswert, welche nicht?
Ein Znüni darf aus verschiedenen Komponenten bestehen. Eine Frucht oder ein Gemüse sollte immer Teil davon sein. Je nach körperlicher Anstrengung und Hungergefühl können Obst und Gemüse durch ein Getreide- und/oder ein Milchprodukt sowie durch ungesalzene Nüsse ergänzt werden. Nicht empfehlenswert als Znüni sind Schokoladen-, Milch- und Getreideriegel, Guetzli, Süssgetränke, gesüsste Milchgetränke sowie fettige oder stark gesalzene Produkte wie Chips, Salznüsse oder -stangen. Ab und zu darf das Znüni auch mit Fleisch ergänzt werden, zum Beispiel in Form von Schinken, Trockenfleisch oder Wurstwaren. Trockenfrüchte können mal eine Alternative zu frischen Früchten sein, sollten aber nicht täglich mitgegeben werden, da sie viel Zucker enthalten.
Muss jede Mahlzeit für Kinder gesund sein, oder reicht es aus, wenn ein Kind einmal pro Tag eine gesunde warme Mahlzeit isst?
Das Wort «gesund» ist im Zusammenhang mit der Ernährung gar nicht so einfach zu definieren. Ist ein Apfel gesund? Wahrscheinlich würden die meisten Menschen diese Frage bejahen. Ist es aber auch gesund, den ganzen Tag nur noch Äpfel zu essen? Nein, das ist nicht gesund. Ein Kind könnte durch eine so einseitige Ernährung niemals seinen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen decken. Wichtig ist, dass Kinder ausgewogen essen. Die Mahlzeiten sollten vorwiegend frisch zubereitet sein. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt auch für Kinder fünf Portionen Gemüse und Früchte pro Tag, wobei eine Portion der Menge entspricht, die in der Kinderhand Platz hat. Vollkornprodukte enthalten mehr wertvolle Nährstoffe als Weissmehlprodukte und sind deshalb vorzuziehen. Maximal einmal pro Woche sind frittierte oder sehr fettige Speisen wie zum Beispiel Wurstwaren in Ordnung. Wenn die Basis stimmt, darf es auch mal etwas Süsses oder einen salzigen Snack geben, allerdings maximal eine Portion davon pro Tag.
Weitere Artikel: Wenn das Kind nicht isst
Ein ausgewogenes Znüni
- Zu einem gesunden Znüni gehören Früchte oder Gemüse. Ideale Früchte für Kinder: Äpfel, Birnen, Trauben, Kirschen, Feigen, Beeren, Melonen, Pflaumen, Zwetschgen, Nektarinen oder Pfirsiche, Mandarinen, Kiwis und Aprikosen
- Ideale Gemüse für Kinder: Tomaten, Karotten, Gurken, Kohlrabi, Stangensellerie, Peperoni, Radieschen und Fenchel
Früchte oder Gemüse können ergänzt werden durch: - Getreideprodukte: Vollkornbrot, Ruchbrot, ungesüsste Getreideflocken, Knäckebrot, Vollkorncracker, Reiswaffeln
- Milchprodukte: Käse, Frisch- oder Hüttenkäse, Naturquark oder -joghurt, Milch
- Nüsse (erst ab dem 4. Lebensjahr): Baumnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Cashewnüsse
Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Ernährung sge
Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.