Wenn die Geburt auf sich warten lässt

Nur gerade etwa 4% der Babys erblicken das Licht der Welt zum errechneten Geburtstermin. Mehr als ein Drittel der Kinder lässt sich Zeit und wird nach diesem Termin geboren.

Naht der errechnete Geburtstermin, können es die meisten Schwangeren kaum erwarten, bis es losgeht. Der Bauch wird zur Last, und die Ungeduld nimmt mit jedem Tag zu. Manche werdenden Mütter machen sich auch Sorgen um ihr Kind. Dr. Markus Hodel, Leitender Arzt der Abteilung Geburtshilfe am Kantonsspital Luzern, beruhigt: «Eine Terminüberschreitung per se ist noch kein Grund zur Sorge, wenn man weiss, dass es dem Kind gut geht.» Studien haben gezeigt, dass das geringe Risiko, dass das Kind im Mutterleib erkrankt, etwa sieben Tage nach dem errechneten Termin leicht steigt. Ab 14 Tagen nach dem Termin spricht man von Übertragen, und Komplikationen sind eher wahrscheinlich.

Engmaschige Kontrollen

Wird der angenommene Geburtstermin überschritten, empfiehlt Dr. Markus Hodel häufigere Kontrollen, um die Reservekapazität des Mutterkuchens einzuschätzen. «An der Frauenklinik am Kantonsspital Luzern untersuchen wir die Schwangeren in der Regel am Termin und dann 5, 7, 9, 11 und 13 Tage danach. Das Vorgehen variiert von Klinik zu Klinik», erklärt Dr. Hodel. Bei den Untersuchungen werden die Herztöne, die Fruchtwassermenge, die Bewegungen des Kindes und die Atembewegungen, die es schon im Mutterleib ausführt, sowie das kindliche Gewicht kontrolliert. «Je nach Ergebnis kann man ruhig zuwarten», sagt der Gynäkologe. Entscheidend sei aber auch das Befinden der Frau und wie sie mit dem Warten auf die Geburt umzugehen vermag.

Möglichkeiten der Medizin

Um das Einsetzen der Geburtswehen zu beeinflussen, gibt es viele alternativmedizinische Möglichkeiten. Wenn diese Methoden keine Wirkung zeigen, macht das Kantonsspital Luzern den Schwangeren sieben Tage nach dem errechneten Geburtstermin das Angebot, die Geburt medikamentös einzuleiten. «Die Frau soll selber entscheiden können, ob sie weiter abwarten will oder nicht», sagt Markus Hodel. Eine Einleitung wird nur im Spital durchgeführt und bedeutet, dass die Schwangere in der Klinik bleiben muss. Die Frau muss sich bewusst sein, dass es je nach Reifungsgrad des Muttermundes bis zu 48 Stunden, manchmal sogar bis zu 72 Stunden dauern kann, bis das Kind da ist. Das kann mühsam sein. Eine medikamentöse Einleitung der Geburt 10 bis 12 Tage nach dem Termin hat keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kaiserschnitt notwendig wird.

So wird die Geburt eingeleitet

In der Regel erhält die Schwangere zuerst eine Tablette mit Prostaglandin, das übrigens auch in der Spermienflüssigkeit enthalten ist. Die Hebamme führt die Tablette in die Scheide ein, und die Schwangere muss dann eine Stunde lang liegen bleiben. Danach darf sie aufstehen, muss aber im Spital oder in der Nähe der Klinik bleiben. Wenn der Muttermund noch nicht ganz reif ist, kann der Vorgang wiederholt werden.

Bei Frauen, die schon einmal durch Kaiserschnitt entbunden haben, wird die Methode nicht angewendet, da auf diese Art eingeleitete Wehen die Kaiserschnittnarben zu stark beanspruchen könnten. Diese Frauen erhalten ein Wehen auslösendes Hormon (Oxytocin) über eine Infusion. Der sogenannte Wehentropf wird auch bei Schwangeren angewendet, deren Muttermund schon sehr reif ist, oder wenn die Tabletten zu wenig Wirkung zeigen. Im Vergleich zur Einleitung durch Tabletten hat diese Methode den Vorteil, dass sich die Wehen besser steuern lassen. Allerdings bedeutet sie auch, dass die Herztöne des Kindes permanent überwacht werden müssen und die Schwangere sich nicht mehr frei bewegen kann.

Wie lange dauert die Schwangerschaft?

Eine Schwangerschaft dauert nach Lehrbuch 40 Wochen respektive 40 x 7 = 280 Tage ab Beginn der letzten Menstruation oder 38 x 7 = 266 Tage ab der Befruchtung des Eis. Da Frauen oft nicht genau wissen, wann die Befruchtung stattgefunden hat, wählt man den ersten Tag der letzten Menstruation als Bezugspunkt. Ist der erste Tag der letzten Menstruation vor der Befruchtung unbekannt, lassen sich das Alter des Ungeborenen und der voraussichtliche Geburtstermin heute mit Hilfe von Ultraschall zwischen der 11. und der 14. Schwangerschaftswoche sehr genau bestimmen.

Diese Tipps können helfen, Wehen auszulösen

Wenn der Termin da ist, können Schwangere den Wehen mit bestimmten Verhaltensweisen oder natürlichen Methoden auf die Sprünge helfen. Die Hebamme Anna Heldstab Indermaur aus Berneck im Rheintal hat die wichtigsten zusammengefasst.

Stress vermeiden

Stress hemmt die Wehentätigkeit. Gönnen Sie sich am besten nochmals Zeit für sich. Lesen Sie, gehen Sie zur Pediküre oder zur Coiffeuse. Wichtig ist jetzt Ablenkung.

In Bewegung bleiben

Treppen steigen, Spazieren gehen, Velo fahren … Gebären ist ein aktiver Vorgang, und Bewegung hilft, ihn auszulösen.

Sex

Geschlechtsverkehr um den angenommenen Termin kann Wehen auslösen. Dafür ist das Hormon Prostaglandin in der Spermienflüssigkeit verantwortlich. Zudem zieht sich die Gebärmutter beim Orgasmus zusammen.

Akupunktur

Akupunktur eignet sich als Geburtsvorbereitung bereits von der 36. Schwangerschaftswoche an oder zum Einleiten nach Ablauf des errechneten Termins.

Homöopathie

Fragen Sie Ihre Hebamme oder Ihren Homöopathen, welche Globuli zur Geburtseinleitung sich für Sie eignen.

Aromatherapie

Mischen Sie dem Badewasser ein Wehen auslösendes Öl bei (z.B. Entbindungsduft von Ingeborg Stadelmann).

Brustwarzenstimulation

Durch Stimulation der Brustwarzen wird das Wehen auslösende Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Delegieren Sie das Stimulieren an Ihren Partner oder benutzen Sie eine Milchpumpe. Stimulieren Sie jede Brust fünf Minuten und warten Sie ab, was passiert.

Wehentee

Kochen Sie 1 l Wasser mit 1 Zimtstange, 10 Gewürznelken und 1 Teelöffel Ingwerpulver während 2–3 Minuten. Geben Sie einen Esslöffel echtes Eisenkraut (aus der Apotheke) dazu und lassen Sie den Tee 5 Minuten zugedeckt ziehen. Filtern Sie den Tee ab und trinken Sie ihn lauwarm über den Tag verteilt. Passiert nichts, können Sie die Prozedur nach einer eintägigen Pause wiederholen. Wehentee kann während einer Woche nach Ablauf des errechneten Termins eingesetzt werden.

Wehen-Cocktail

Mischen Sie 2–3 Esslöffel Rizinusöl und 2–3 Esslöffel Cognac unter Schütteln mit 2 dl Fruchtsaft (Orangen- oder Aprikosensaft). Trinken Sie den Cocktail in einem Zug. Das Rizinusöl bewirkt nach 6 Stunden Durchfall und regt die Gebärmuttermuskulatur stark an. Diese Methode sollte erst 10 Tage nach dem errechneten Termin angewendet werden und ist die letzte Möglichkeit vor der medikamentösen Einleitung.