Zu wenig Eisen

Eisenmangel in der Schwangerschaft kann Konsequenzen für Mutter und Kind haben.

Unser Körper benötigt das Spurenelement Eisen für die Bildung von roten Blutkörperchen. Diese transportieren den Sauerstoff im Blut und versorgen die Zellen damit. So beeinflusst Eisen zum Beispiel auch die Hirnaktivität und diverse Stoffwechselprozesse. Pro Tag sollten wir 20 bis 30 mg Eisen mit der Nahrung aufnehmen.

Unterversorgung in der Schwangerschaft

Schwangere Frauen haben mehr rote Blutkörperchen, aber auch noch mehr Flüssigkeit im Blut. Dadurch kommt es zu einer Verringerung der Konzentration der roten Blutkörperchen, des sogenannten Hämoglobins. Dieses benötigt das Ungeborene für den Aufbau des Skeletts und des Nervensystems sowie für die Blutbildung. Laut der Hebamme Annina Etter, die an der Frauenklinik des Inselspitals Bern wissenschaftlich tätig ist, leiden rund 32 Prozent aller Schwangeren in der Schweiz an Eisenmangel. Sie ergänzt: «Sieben Prozent haben eine Eisenmangelanämie.» Nach der Geburt leidet jede dritte Frau unter Anämie (siehe Textkasten). Wahrscheinlich sei die Zahl noch höher, denn nicht bei allen Frauen wird sowohl vor wie auch nach der Geburt eine Blutkontrolle durchgeführt. Die Fachfrau beobachtet, dass Eisenmangel ein Problem von zunehmender Bedeutung ist. Sie weiss: «Häufig sind davon auch Frauen mit Migrationshintergrund betroffen, die erst gegen Ende der Schwangerschaft in die Schweiz kommen. Aber auch mangelernährte Frauen, Vegetarierinnen und Veganerinnen sind oft nicht mit genügend Eisen versorgt.» Zu einer Anämie kann es aber auch ohne Eisenmangel kommen, wenn eine Frau an einer Infektion, einer chronischen Entzündung wie Morbus Crohn oder an einem Vitamin-B- oder Folsäuremangel leidet. Zudem kann eine Anämie auch genetisch bedingt sein. Von diesen sogenannten Hämoglobinopathien sind vor allem Frauen aus Afrika, Indien, dem Mittleren Osten und Südeuropa betroffen.

Gravierende Auswirkungen auf das Kind

Ein Eisenmangel in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für eine Frühgeburt und kann dazu führen, dass sich das Wachstum des Ungeborenen verzögert. Die Plazenta kann sich ungünstig entwickeln. Die Eisenspeicher von Neugeborenen, deren Mütter an Eisenmangel leiden, sind oft ebenfalls ungenügend. Dies kann die Entwicklung bis ins Säuglings- und Kleinkindalter stören. Annina Etter erläutert: «Die Konsequenzen eines Eisenmangels sind beim Kind im Alter von einem Jahr immer noch nachweisbar.»

Risiko für die Mutter

Ein Eisenmangel in der Schwangerschaft hat aber auch Folgen für die Mutter. Er lässt das Infektionsrisiko ansteigen und vermindert ihre Blutreserven, wodurch sich das Risiko erhöht, dass sie bei einem hohen Blutverlust während der Geburt auf die Transfusion von Fremdblut angewiesen ist. Ein Mangel an Eisen wirkt sich aber auch auf das Herz und den Kreislauf aus. Annina Etter dazu: «Betroffene Schwangere sind kurzatmig, haben einen erhöhten Puls oder leiden an Ohrensausen.» Eine Anämie führt zu Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Erschöpfung und reduziert die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit der Mutter. Dadurch kann sich der Spitalaufenthalt nach der Geburt verlängern. Von einer Anämie tangiert ist auch die Milchproduktion im Wochenbett. Die Spezialistin erläutert: «Es kann zu einer Verzögerung beim Milcheinschuss kommen. Das führt bei der Mutter zu Stress, weil sie ihr Kind nicht ernähren kann.» Zudem ist belegt, dass durch eine Eisenmangelanämie das Risiko für eine postpartale Depression steigt.

Zwei Tests bringen Klarheit

Ausser durch die Messung des Hämoglobins lässt sich eine Eisenmangelanämie durch die Bestimmung des Ferritinwerts im Blut bestimmen. Dieser Wert zeigt an, wie voll die Eisenspeicher sind. Bei Werten unter 30 µg pro Liter Blut sind die Speicher mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit leer, selbst wenn noch keine Anämie gemäss WHO-Definition vorliegt. Annina Etter empfiehlt Frauen, zu Beginn der Schwangerschaft beide Werte messen zu lassen. Im zweiten und im dritten Trimester der Schwangerschaft sollte der Hämoglobinwert nochmals überprüft werden. Bei Frauen, die zu Beginn der Schwangerschaft einen niedrigen Wert hatten, sollte auch der Ferritinwert in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft noch einmal gemessen werden.

Die Behandlung in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft sollte jede Frau, die einen Ferritinwert unter 30 µg pro Liter Blut hat, behandelt werden. Annina Etter empfiehlt als erste Wahl die Einnahme von Eisentabletten. Wenn eine Frau sie nicht verträgt, der Körper das auf diese Art zugeführte Eisen schlecht aufnimmt und der Hämoglobinwert zu wenig ansteigt, rät sie zu einer Eiseninfusion. Sie sagt dazu: «Diese lässt den Hämoglobinwert sehr schnell steigen und füllt die Eisenspeicher rasch auf.» An der Frauenklinik des Inselspitals Bern erhalten aber auch Frauen, die eine Bluttransfusion unter der Geburt aus religiösen Gründen ablehnen würden, in der Schwangerschaft die Empfehlung, sich eine Eiseninfusion geben zu lassen. Die Infusion erfolgt in der Arztpraxis oder in der Klinik. Nur wenige Frauen vertragen eine Eiseninfusion nicht. Eisentabletten haben den Nachteil, dass sie Übelkeit verursachen können. Zudem leiden Frauen unter der Therapie oft an Verstopfung, und ihr Stuhl färbt sich schwarz.

Therapie nach der Geburt

Frauen, die während der Geburt viel Blut verlieren, leiden oft an einer besonders ausgeprägten Anämie. «Da der Hämoglobinwert 48 Stunden nach der Geburt den Tiefststand erreicht, empfiehlt es sich, diesen Wert erst später zu bestimmen», weiss Annina Etter. Einen aussagekräftigen Ferritinwert kann man frühestens sechs Wochen nach der Geburt bestimmen lassen. Bei Hämoglobinwerten unter 95 g pro Liter sollten Wöchnerinnen eine Eiseninfusion erhalten. Dasselbe gilt auch, wenn eine Frau unter der Geburt sehr viel Blut verloren hat und einen sehr niedrigen Hämoglobinwert aufweist. Dann sind Bluttransfusionen selten notwendig. Wöchnerinnen mit einem Hämoglobinwert zwischen 95 und 120 g pro Liter werden mit Eisentabletten behandelt.

Info
Anämie

Die Weltgesundheitsbehörde WHO spricht von Anämie (Blutarmut), wenn der Hämoglobinwert, also der Anteil an roten Blutkörperchen, in der Schwangerschaft auf unter 110 g pro Liter Blut sinkt. Im zweiten Trimester der Schwangerschaft liegt der Grenzwert niedriger, bei 105 g pro Liter. Nach der Geburt ist die Grenze bei 120 g pro Liter.

Tipp
aus der Alternativmedizin

Der Arzt Wilhelm H. Schüssler erkannte im 19. Jahrhundert, dass viele Krankheiten durch einen Mangel an Mineralsalzen ausgelöst werden. Gemäss seiner Lehre ist jedoch nicht der Mangel die Ursache, sondern die Aufnahmefähigkeit der Zelle. Die von ihm entwickelten Schüssler-Salze verbessern die Aufnahme von Mineralstoffen in den Zellen und lindern auch diverse Beschwerden in der Schwangerschaft sanft und nebenwirkungsfrei. Bei einem Eisenmangel regt zum Beispiel das Schüssler-Salz Nr. 2 die Bildung von Blutbestandteilen an, Nr. 3 fördert die Sauerstoffbindung im Blut und Nr. 17 und 19 unterstützen den Aufbau und die Funktion der Blutkörperchen. Eine Mischung dieser vier Salze gibt es als Ferrum phosphoricum Nr. 3 Komplex in Apotheken und Drogerien.