Stillen hat viele Vorteile, doch nicht immer klappt es damit auf Anhieb. Die folgenden Tipps können helfen, damit Stillen für Mutter und Kind zu einer positiven Erfahrung wird.
Stillen ist in unserer Kultur nicht mehr eine Frage der Intuition. Sowohl die Mutter als auch das Neugeborene müssen lernen, wie Stillen geht. Am Anfang gibt es oft Stolpersteine. Brigitte Benkert, Stillberaterin IBCLC am Kantonsspital Baden, erachtet es für sehr wichtig, dass sich Mütter nicht aufs Stillen versteifen und sich am Anfang von einer Fachfrau unterstützen lassen. «Gerade nach einer schwierigen Geburt müssen sich Mutter und Kind erholen können. Stress wirkt sich nämlich hinderlich auf die Milchbildung aus», sagt Brigitte Benkert. «Paaren, die ihr erstes Kind erwarten, rate ich, mit dem Versand der Geburtsanzeigen etwas abzuwarten und im Spital nur dann Besuch zu empfangen, wenn man auch wirklich dazu bereit ist.» Im Wochenbett müssen sich Mutter und Kind erst finden. Einmal zu Hause, soll die Frau nicht den Anspruch an sich stellen, neben einer guten Mutter auch noch eine perfekte Hausfrau und Partnerin zu sein. Wenn das Baby schläft, gönnt sie sich lieber mal eine Pause, statt den Abwasch zu erledigen. Fürs Stillen ist Erholung wichtiger als eine aufgeräumte Wohnung.
Wundwerden der Brustwarzen vermeiden
Ein grosser Teil der frischgebackenen Mütter empfindet das Ansetzen des Babys in der ersten Zeit als schmerzhaft. Eine erfahrene Stillberaterin kann dabei helfen, die ideale Ansetzposition zu finden und das korrekte Saugen zu zeigen. Um zu vermeiden, dass die Brustwarzen wund werden, ist es zentral, dass der Mund des Babys nicht nur die Brustwarze, sondern auch den Warzenhof umschliesst. «Das Baby sollte in einer Linie möglichst nah am Körper liegen. Die Lippen des Babys sollten nach aussen gestülpt sein», erklärt Brigitte Benkert.
Wenn die Milch nicht fliesst
Manche Mütter verzweifeln zu Anfang fast, weil sie das Gefühl haben, nicht genügend Milch zu produzieren. Es ist ganz normal, dass die Milchbildung Zeit braucht. In den ersten drei Lebenstagen braucht das Neugeborene viele kleine Portionen. Wichtig ist die Erkenntnis, dass das Angebot durch die Nachfrage bestimmt wird. Damit sich also Milch bilden kann, muss sie fliessen. «Neugeborene wollen in den ersten 24 Stunden nach der Geburt mindestens viermal, vielleicht auch schon öfter, an der Brust trinken. Am zweiten Tag ist es nicht ungewöhnlich, wenn das Baby alle zwei Stunden nach der Brust verlangt», sagt Brigitte Benkert. Um die Milchbildung in Gang zu bringen, können Stilltropfen, homöopathische Globuli, Still-, Fenchel- oder Melissentee sowie eine Brustmassage helfen. Auch Wärme wirkt sich positiv auf die Milchproduktion aus. Im Wochenbett kann es zudem sinnvoll sein, die Milchbildung zusätzlich durch Abpumpen anzuregen. Bei manchen Frauen hilft die Anwendung eines Nasensprays mit dem künstlich hergestellten Hormon Oxytocin, damit die Milch zu fliessen beginnt und dadurch die Milchbildung angeregt wird.
Die Muttermilch wird im Drüsengewebe produziert, gut 60% davon befinden sich nur gerade etwa drei Zentimeter hinter der Brustwarze. Die Stillexpertin rät deshalb: «Um nicht die Milchgänge zu blockieren, sollte die Frau beim Stillen nicht mit dem Daumen auf die Brust drücken. Eine gleichmässige, aber sanfte Kompression der Brust mit der ganzen Hand kann hingegen förderlich sein, damit die Milch fliesst.»
Stillen nicht erzwingen
Ein Kind profitiert von jedem Tropfen Muttermilch. Auch wenn die Mutter zum Beispiel aufgrund ihrer Arbeitstätigkeit nur teilweise stillt, ist das gut für das Kind. «Ein Baby, das sich an der Brust wohlfühlt, stillt sich nicht ab, wenn es hin und wieder einen Schoppen kriegt», weiss Brigitte Benkert. Klappt es mit dem Stillen nicht oder entscheidet sich die Mutter wegen Schmerzen oder aus anderen Gründen zum Abstillen, darf sie sich nicht als Versagerin fühlen. Stillen ist eine persönliche Entscheidung, die jede Mutter selber treffen muss.
Was darf ich essen, wenn ich stille?
Heute gibt es keine strikten Richtlinien mehr. Stillende Mütter dürfen das essen, was sie schon immer gegessen haben. Ideal ist eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Früchten. Ausserdem muss die stillende Mutter viel trinken, allerdings nicht über den Durst – das wäre kontraproduktiv. Neuere Studien haben gezeigt, dass Blähungen beim Kind nicht von bestimmten Lebensmitteln verursacht werden, sondern eher von der Luft, die es beim Schreien oder beim hastigen Trinken an der Brust verschluckt. Ein Positionswechsel kann dazu beitragen, dass die Milch weniger schnell fliesst.
Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.