Weniger Schmerzen bei der Geburt

Viele Schwangere sehen der Geburt mit gemischten Gefühlen entgegen, weil sie sich vor den Schmerzen fürchten.

Schmerzen empfindet jeder Mensch anders. Sie werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst – so auch von der Psyche. Sydney Sobotka, die Geburtsvorbereitungskurse nach der Hypnobirthing-Methode anbietet, ist überzeugt, dass heute viele Frauen kein Vertrauen in ihren Körper und in die Natur haben: «Wenn eine Frau Schmerzen erwartet, reagiert ihr Körper auf diese Gedanken. Ängste führen zu Verspannungen, und diese verursachen Schmerzen.» Die Hypnobirthing-Methode will werdenden Müttern die Zuversicht vermitteln, dass ihr Körper und ihr Kind wissen, wie eine Geburt funktioniert, und dass in ihnen sehr viel Kraft steckt. Die Methode basiert auf Selbsthypnose-Übungen, positiven Visualisierungen, Atemtechniken und Techniken der Tiefenentspannung. Ziel der Methode ist die totale Entspannung und die Konzentration auf den Körper während der Geburt. Durch tägliches Anhören einer CD wird die Methode so verinnerlicht, dass Schwangere das Erlernte im Gebärsaal abrufen können. Dass die Methode funktioniert, belegen diverse Studien. Eine Untersuchung der Universität Tübingen hat ergeben, dass die Geburt bei Frauen, die sich mit der Hypnobirthing-Methode auf die Geburt vorbereitet hatten, im Durchschnitt zwei Stunden weniger lang dauerte als bei den Frauen aus der Vergleichsgruppe. Während 80% der Mütter aus der Kontrollgruppe die Schmerzen als «fürchterlich stark» empfanden, waren es bei der Hypnose-Gruppe nur 50%.

Äussere Faktoren

Ausser durch die mentale Vorbereitung werden die Schmerzen während der Geburt aber auch durch den Körperbau der Frau, die Form ihres Beckens, die Beschaffenheit des Dammgewebes, die Kraft der Gebärmuttermuskulatur, die Grösse des Kindes und seine Position im Becken der Gebärenden beeinflusst. Der Ort der Geburt und das Verhalten der Anwesenden wirken sich ebenfalls auf das Schmerzempfinden aus. Bei der Wahl des Geburtsortes sollten Frauen deshalb auf ihren Bauch hören. Welche Rolle der Geburtsort spielt, zeigt sich an der Tatsache, dass bei vielen Gebärenden die Wehen beim Eintritt in die Geburtsklinik nachlassen und erst wieder richtig einsetzen, wenn sich die Frau an die Umgebung gewöhnt hat und sich dort wohlfühlt. Mijin Cha, Hebamme am Kantonsspital St. Gallen, weiss: «Vertraute Musik oder Düfte können dazu beitragen, eine vertrauenerweckende Umgebung zu schaffen, und die Gebärenden beim Loslassen unterstützen.» Die Fachfrau setzt verschiedene Öle ein, zum Beispiel Lavendel als Zusatz für ein warmes Bad, das die Entspannung fördert. «Wichtig ist, dass jene Düfte verwendet werden, die die Gebärende als angenehm empfindet. Nur diese tun ihr gut», ergänzt Mijin Cha.

Möglichst ungestört

Ideal ist es, wenn Frauen in den Tagen vor der Geburt viel schlafen können, denn Müdigkeit verstärkt die Schmerzempfindlichkeit. Während der Geburt sollte die Frau möglichst wenig gestört werden, weil Störungen einen negativen Einfluss auf die Konzentration der Frau bei der Wehenverarbeitung haben können. Die Schmerzen werden aber auch vom Geburtsfortschritt beeinflusst. Die Motivation, die Schmerzen zu ertragen, ist besonders gross, wenn die Gebärende sieht, dass es vorwärtsgeht. Bei einem Geburtsstillstand verringert sich die Schmerztoleranz.

Sanfte Schmerzlinderung

Wärme trägt dazu bei, die Wehen erträglich zu machen. Viele Gebärende empfinden deshalb ein warmes Bad als wohltuend. Massagen, zum Beispiel am Kreuz, und eine gute Anleitung bei der Atmung unterstützen die Gebärende beim Umgang mit den Schmerzen ebenfalls. Ylang-Ylang-Öl macht den Muttermund weich (z.B. auf Binden träufeln), und Uterus-Öl regt die Wehen an. Zitronenöl wird oft eingesetzt, um das schlafende Ungeborene zu wecken. Akupunktur während der Geburt kann die Schmerzen lindern. Besonders stark ist der Einfluss der Akupunktur, wenn sie bereits in den Wochen vor der Geburt angewendet wurde.

Bewegung tut gut

Eine Geburt ist ein dynamischer Prozess, bei dem sich das Kind millimetergenau durchs mütterliche Becken windet. Deshalb sind Positionsveränderungen für den Geburtsfortschritt sehr wichtig. Die Hebamme Mijin Cha erklärt: «Durch Bewegung, wie zum Beispiel durch Kreisen des Beckens, kann die Gebärende ihrem Kind helfen, eine günstige Lage zu finden. Bei aufrechter Position hilft die Schwerkraft mit, im ‹Vierfüssler› wird der Damm geschont, und es entstehen weniger Verletzungen.»

Möglichkeiten der Medizin

Wenn die Schmerzen für die Gebärende sehr stark sind, stehen diverse Medikamente zur Schmerzlinderung zur Verfügung. Zu Beginn einer Geburt werden oft Schmerzmittel in Form von Zäpfchen eingesetzt. Immer mehr Schweizer Geburtskliniken bieten den Gebärenden heute eine relativ neue Methode, die sogenannte Remifentanil-PCA, zur Linderung der Geburtsschmerzen an. Dabei kann die Frau die Menge des intravenös verabreichten, ultrakurz, aber sehr stark wirkenden Opioids je nach Intensität der Schmerzen selber bestimmen.

Die PDA

Frauen, die die Schmerzen als unerträglich empfinden, wählen oft die PDA (Periduralanästhesie), in der Fachsprache auch EDA (Epiduralanästhesie) genannt. Die Anästhesistin Doris Hofstetter von alphacare erklärt den Effekt wie folgt: «Durch die Betäubung der Nervenbahnen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule wird das Schmerzempfinden in der unteren Körperhälfte und vor allem in der Gebärmutter vermindert.» Ziel ist es, dass die Nerven der Beine nicht betäubt werden, damit die Gebärende sich noch bewegen kann. «Das gelingt jedoch nicht immer», sagt Doris Hofstetter. Laut der Fachfrau ist das Anlegen einer PDA während des Geburtsvorgangs grundsätzlich jederzeit möglich: «Kurz vor der Geburt ist sie allerdings nicht mehr sinnvoll, denn mit einer PDA können die Nerven des Geburtskanals und des Damms häufig nur ungenügend betäubt werden. Diese Nerven übertragen in der Schlussphase der Geburt die Schmerzen und können durch eine PDA oft nicht blockiert werden.»
Bei Risikoschwangerschaften (z.B. Mütter mit Diabetes oder einer Schwangerschaftsvergiftung) wird die PDA oft schon zu Beginn der Geburt angelegt, da dies den Geburtsverlauf für diese Mütter erleichtert und die Geburt sicherer macht. Für das Kind ist die PDA sicher und hat sogar gewisse Vorteile, weil die Mutter während der Geburt weniger gestresst ist. Angesprochen auf die Nachteile der Methode, erklärt Doris Hofstetter: «Durch eine PDA kann der Geburtsverlauf etwas verlangsamt werden. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass es etwas häufiger zu Vakuumextraktionen kommt. Die Kaiserschnittrate wird durch die PDA jedoch nicht erhöht.»

Tipps zur Vorbereitung auf die Geburt

  • Besuchen Sie einen Geburtsvorbereitungskurs (z.B. Hypnobirthing).
  • Machen Sie während der Schwangerschaft Yoga.
  • Akupunktur in den letzten Wochen der Schwangerschaft verkürzt die Eröffnungsphase um zwei Stunden, lässt den Muttermund schneller reifen und beeinflusst das Schmerzempfinden während der Geburt positiv.
  • Trinken Sie Schafgarben- und Himbeerblättertee. Diese Tees machen das Gewebe weich, so dass weniger Verletzungen entstehen.
  • Massagen mit Damm-Massage-Öl reduzieren das Verletzungsrisiko ebenfalls.
  • Gehen Sie nicht mit ganz genauen Vorstellungen an die Geburt heran, sondern lassen Sie sich auf den Moment ein. Nehmen Sie Unterstützung an, wenn Sie sie brauchen, und verurteilen Sie sich nicht dafür.

Gute Frage: Wie wird eine PDA verabreicht?

Eine Anästhesistin oder ein Anästhesist legt im Bereich der Nervenwurzeln an der Lendenwirbelsäule ein Schläuchlein ein. Durch dieses wird dann das Medikament, in der Regel eine Mischung aus einem Lokalanästhetikum und einem Opiat, verabreicht.