Ein Kind aufzuziehen kostet über die Jahre viel Geld. Wie können Eltern sparen und verhindern, dass sie in eine finanzielle Schieflage geraten? Welche Versicherungen lohnen sich für Familien wirklich?
Spätestens in der Schwangerschaft sollten zukünftige Eltern sich mit ihrer finanziellen Situation auseinandersetzen und sich professionell beraten lassen. Ruedi Ursenbacher von u faktor GmbH (www.ufaktor.ch), unabhängiger Berater in Versicherungs- und Vorsorgefragen, empfiehlt Familien, die Themen Sparen und Versichern immer getrennt anzuschauen: «Wer zum Beispiel für die spätere Ausbildung des Kindes sparen will, tut dies am besten bei der Bank und nicht bei einer Versicherung.»
Sparen für die Zukunft
Lässt es die finanzielle Situation der Familie zu, rät er, per Dauerauftrag jeden Monat einen bestimmten Betrag für das Kind auf die Seite zu legen. Viele Banken bieten heute bereits für kleinere Beträge (z.B. 50 Franken pro Monat) Fondskonten an. Damit wird das Ersparte in breit diversifizierte Anlagefonds investiert. Über einen längeren Zeithorizont werfen diese eine attraktive Rendite ab. «Fondskonten machen langfristig deutlich mehr aus dem Ersparten als ein Sparkonto fürs Kind», weiss Ruedi Ursenbacher. Oft wollen auch die Grosseltern, Götti und Gotte dem Kind einen Batzen schenken. Ideal ist, wenn solche Geldgeschenke auf das gleiche Anlagefondskonto einbezahlt werden.
Versicherungen für Familien
Zukünftige Eltern sollten mit ihrem Versicherungsberater verschiedene Szenarien besprechen, an die man ungern denkt: Wie sieht die Absicherung aus, wenn ein Partner aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls arbeitsunfähig wird oder gar stirbt? Bei dieser Frage spielt die Erwerbssituation der Eltern eine wichtige Rolle. Bei Berufstätigen springt bei Tod durch Unfall die obligatorische Unfallversicherung und bei Tod durch Krankheit die Pensionskasse des Arbeitgebers ein. Im Todesfall erhält der überlebende Elternteil eine Witwen- bzw. Witwerrente und das Kind eine Halbwaisenrente. War das Paar verheiratet, zahlt auch die AHV eine Rente an den Überlebenden und das Kind aus.
Keine Absicherung durch Arbeitgeber
Ist der werdende Vater oder die Mutter nicht über den Arbeitgeber versichert, kann eine Todesfall-Risikokapital-Versicherung bei Krankheit und Unfall empfehlenswert sein. So kommt man nicht so leicht in finanzielle Bedrängnis. Hier gibt es die Möglichkeit einer degressiven Versicherung: je jünger das Kind beim Tod eines Elternteils ist, desto mehr finanzielle Unterstützung bekommt der überlebende Partner. «Eine solche Lösung ist sinnvoll, denn die Kosten für die Fremdbetreuung des Kindes in den ersten Lebensjahren oder die Lohneinbusse durch eine allfällige Reduktion des Arbeitspensums können das Budget enorm belasten», sagt Ursenbacher.
Konkubinatspaare
Heute sehen viele Pensionskassen in ihrem Reglement vor, dass im Todesfall der überlebende Konkubinatspartner oder die -partnerin einem verheirateten Überlebenden gleichgestellt ist. Konkubinatspartner müssen ihrer Pensionskasse jedoch schriftlich melden, wen sie im Todesfall begünstigen wollen. Da die berufliche Vorsorge nicht dem Erbrecht unterliegt, reicht ein Testament allein für eine Begünstigung nicht aus.
Bei der obligatorischen Unfallversicherung und der AHV sind Konkubinatspaare gegenüber verheirateten Paaren benachteiligt. Im Todesfall richten beide Versicherungen der überlebenden Partnerin oder dem Partner keine Rente aus. Ruedi Ursenbacher empfiehlt unverheirateten Paaren, die Versicherungslücken individuell zu schliessen, um sich gegen Unvorhersehbares abzusichern: «Eine gute unabhängige Beratung in Versicherungsfragen ist speziell für Konkubinatspaare von zentraler Bedeutung.»
Bei Berufsaufgabe
Frauen, die nach dem Mutterschaftsurlaub nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, müssen sich bewusst sein, dass sie nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses nur noch während 30 Tagen über die Versicherung ihres Arbeitgebers gegen Unfall und Krankheit versichert sind. «Sie dürfen also nicht vergessen, bei ihrer Krankenkasse das Unfallrisiko einzuschliessen», mahnt Ruedi Ursenbacher. Auch eine Krankentaggeldversicherung ist für Mütter, die nicht erwerbstätig sind, sinnvoll. Fällt die Mutter aus gesundheitlichen Gründen aus, erhält die Familie dadurch einen Beitrag zur Finanzierung der Kinderbetreuung. Das Geld, das Frauen während ihrer Erwerbstätigkeit in die Pensionskasse eingezahlt haben, wird bei definitiver Berufsaufgabe auf ein Freizügigkeitskonto bei einer Bank überwiesen.
Längerer Mutterschaftsurlaub
Frauen, die ihren Mutterschaftsurlaub über die gesetzliche Dauer von 14 Wochen hinaus verlängern wollen, also später an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werden, besprechen am besten mit ihrer Unfallversicherung und der Pensionskasse, ob und wie lange sie diese Versicherungen freiwillig weiterführen können. In der Regel ist bei der Unfallversicherung eine Abredeversicherung für maximal sechs Monate möglich, bei der Pensionskasse ist die Dauer frei wählbar.
Privathaftpflicht-/Hausratversicherung
Beim Zusammenlegen der Versicherungen sollten Paare Doppelspurigkeiten vermeiden. Entscheiden sich die Eltern für eine Versicherung mit der Variante Familie, sind die Kinder automatisch mitversichert und müssen nach der Geburt nicht speziell angemeldet werden.
Krankenversicherung fürs Kind
Kinder müssen nicht zwingend bei der gleichen Krankenkasse versichert sein wie Mama und Papa. Das Gesetz gibt vor, dass Eltern innerhalb von drei Monaten nach der Geburt eine Krankenversicherung für ihr Kind abschliessen müssen. Geschieht dies nicht, müssen sie die bis zum Zeitpunkt der Anmeldung angefallenen Gesundheitskosten selbst tragen. Ruedi Ursenbacher empfiehlt, die Krankenversicherung bis spätestens einen Monat vor dem voraussichtlichen Geburtstermin abzuschliessen: «So ist diese administrative Aufgabe erledigt, und die Eltern müssen der Kasse nach der Geburt nur noch den Namen und das Geburtsdatum des Kindes mitteilen.» Die erste Monatsprämie wird in dem Monat fällig, in dem das Kind geboren wurde.
Zusatzversicherungen fürs Kind
Der vorgeburtliche Abschluss der Krankenversicherung bietet zudem den Vorteil, dass das Kind vorbehaltlos bei diversen Zusatzversicherungen aufgenommen wird. Das gilt auch, wenn es behindert zur Welt kommt. Zusatzversicherungen, zum Beispiel für eine Spitalbehandlung in der allgemeinen Abteilung in der ganzen Schweiz oder für alternativmedizinische Leistungen, sind für Kinder meist sehr günstig.
Auch der Abschluss einer Halbprivat- bzw. Privatversicherung für Kinder ist möglich. Da die meisten Spitäler keine Einer- oder Zweierzimmer für Kinder anbieten, profitieren sie davon zwar nur wenig. Trotzdem kann der Abschluss einer solchen Versicherung sinnvoll sein: Erkrankt oder verunfallt jemand als Kind ernsthaft, hat er im Erwachsenenalter kaum mehr die Chance, eine derartige Versicherung vorbehaltlos abzuschliessen.
An die Zähne denken
Heute wird bei etwa jedem zweiten Kind eine Zahnfehlstellung durch eine Spange korrigiert. Eine solche Behandlung kann ins Geld gehen: Sie kostet zwischen 10’000 und 15’000 Franken. Die obligatorische Grundversicherung beteiligt sich nicht an Kosten, die für die Korrektur einer Zahnfehlstellung entstehen. Die Krankenkasse übernimmt nur dann einen grossen Teil der Kosten, wenn die Eltern als Zusatzversicherung eine Zahnversicherung abgeschlossen haben. Aber Achtung: Hier empfiehlt es sich, die Konditionen genau zu studieren. Wie viel der Kosten wird übernommen: die Hälfte oder 80 Prozent? Bei einer Zahnversicherung sollte der Maximalbetrag für Spangen nicht unter 10’000 Franken liegen.
Früh abschliessen
Die meisten Krankenkassen nehmen das Kind nur bis zu einem bestimmten Alter ohne zahnärztliches Attest in diese Zusatzversicherung auf. Ein Attest kann dazu führen, dass dem Kind die Zahnversicherung verwehrt wird. Deshalb rät Ruedi Ursenbacher, auch diese Versicherung schon vor der Geburt abzuschliessen, auf jeden Fall aber innerhalb der Frist, in der eine Anmeldung ohne Attest noch möglich ist.
Invalidität des Kindes
Der Versicherungsfachmann empfiehlt Eltern, für ihr Kind eine Invaliditätskapital-Versicherung für Krankheit und für Unfall abzuschliessen: «Wird ein Kind durch einen Unfall invalid, kann dies zu hohen Kosten führen.» Die Invaliditätskapital-Versicherung unterstützt die Eltern zum Beispiel beim behindertengerechten Umbau des Hauses. Für die Ausbildungskosten kommt die Invalidenversicherung auf. Die meisten Krankenkassen bieten eine Invaliditätskapital-Versicherung an. Allerdings ist ein Abschluss oft nur in Kombination mit einer Todesfallkapital-Versicherung möglich. Diese leistet Beiträge an die Begräbniskosten, wenn das Kind stirbt.
Guter Rat muss nicht teuer sein
Eine Privatrechtsschutzversicherung kann Gold wert sein. Die Kosten belaufen sich auf 200 bis 250 Franken pro Jahr. Für jede Rechtsauskunft bei einem Anwalt bezahlt man heute zwischen 250 und 300 Franken pro Stunde.
Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.