Marianne Botta Diener, Ernährungswissenschafterin und Buchautorin, lässt ihre Kinder von klein auf mitkochen. Weshalb, erzählt sie im folgenden Interview.
Sie sind Mutter von acht Kindern. Warum integrieren Sie Ihre Kinder beim Kochen?
Dafür sprechen viele Gründe. Gemeinsam zu kochen macht Kindern Spass und fördert die Bindung zu den Eltern. Kochen die Eltern allein, wenden sie sich dem Kochherd oder dem Kühlschrank zu. Tun sie es mit ihrem Kind, geben sie sich auch mit ihm ab. Für Kinder ist es spannend, zu beobachten, wie etwas entsteht. Schon die Kleinsten geniessen es, wenn sie bei wichtigen Alltagsverrichtungen mithelfen dürfen. Das tut ihrem Selbstvertrauen gut.
Kochen mit Kleinkindern ist aber auch ganz schön zeitaufwendig.
Ja, das ist tatsächlich so. Um mit ihrem Kleinkind zu kochen, brauchen die Eltern eine grosse Portion Geduld und mehr Zeit als sonst. Ich bin aber überzeugt, dass sich dieser Aufwand lohnt. Wenn ein Kind schon von klein auf beim Kochen helfen darf, ist es später in der Lage, die Eltern in der Küche zu entlasten. Es wird als Teenager selbständig eine Mahlzeit zubereiten können, wenn die Eltern zur Essenszeit mal nicht daheim sein können.
Inwiefern wirkt sich gemeinsames Kochen auf das Essverhalten des Kindes aus?
Kinder, die beim Kochen helfen dürfen, sind erfahrungsgemäss die besseren Esser. Sie haben einen anderen Bezug zu Lebensmitteln. Wer bei der Zubereitung eines Gerichts mitarbeiten darf, ist eher bereit, es auch zu probieren und zu essen. Gemüse, das ein Kind selber rüsten darf, schmeckt doch einfach besser, oder nicht?
Ab wann dürfen Ihre Kinder in Ihrer Küche mit anpacken?
Sehr früh. Sobald meine Kinder selbständig sitzen konnten, durften sie mir vom Hochstuhl aus beim Kochen zuschauen. Natürlich muss man dabei immer aufpassen, dass sich das Kind nicht verletzen kann. Der Hochstuhl soll so stehen, dass Spritzer von heissem Fett das Kind nicht erreichen können. Mit etwa zwei Jahren können Kinder einfache Arbeiten verrichten. Manchmal ist es am besten, wenn sie dies im Hochstuhl am Esstisch sitzend tun dürfen.
Welche Arbeiten können Kleinkinder denn schon ausführen?
Das ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Viele Zweijährige können zum Beispiel schon Käse in Stücke schneiden, eine Gurke mit dem Sparschäler rüsten, eine Salatsauce anrühren oder eine Wurst häuten. Natürlich brauchen sie immer wieder Unterstützung dabei. Auch wenn das Resultat nicht perfekt ist, sollten die Eltern lieber fünf gerade sein lassen und das Kind nicht kritisieren. Sonst verleidet es ihm in der Küche schnell. Auch über die Unordnung, die beim Kochen mit dem Kind entsteht, dürfen sie sich nicht ärgern.
Sollen Kinder probieren dürfen?
Ja, auf jeden Fall. So lernen sie verschiedene Geschmacksrichtungen kennen. Es gibt sogar Kinder, welche während des Kochens etwas probieren, was sie sonst am Tisch strikt ablehnen.
Sie haben die Verletzungsgefahr in der Küche angesprochen. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Manche Eltern unterschätzen die Fähigkeiten ihres Kindes. Ich habe zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass schon Dreijährige mit einem normal schneidenden Messer umgehen können und die Verletzungsgefahr dabei geringer ist als bei einem stumpfen Messer, mit dem das Kind abrutscht, weil es nicht richtig schneidet. Damit sich ein Kind nicht verletzt, sollten die Eltern es gut beobachten und ihm Arbeiten zutrauen, die seinem individuellen Entwicklungsstand entsprechen. Auch in der Küche ist nicht jedes Kind im selben Alter genau gleich weit entwickelt. Da die Verbrennungs- und Verbrühungsgefahr in der Küche besonders gross ist, müssen die Kleinsten einen Sicherheitsabstand zu Herd und Backofen einhalten. Manchmal müssen Eltern bis ins Teeniealter helfen, etwas Heisses aus dem Ofen zu nehmen.
Beim Kochen lernen
Kochen ist eine kreative und spielerische Erfahrung, die alle fünf Sinne anspricht. Beim Anrühren einer Salatsauce oder beim Teigkneten zum Beispiel wird die Entwicklung von Fein- und Grobmotorik gefördert. Zudem lernen Kinder beim Kochen, wie die verschiedenen Lebensmittel heissen. Und dass dasselbe Lebensmittel für immer wieder neue, anders schmeckende Gerichte verwendet werden kann. Wie Tomaten, welche mal eine Zutat zum Fleischgericht sind, mal eine Spaghettisauce ergeben oder einen Salat.
Autorin: Susanna Steimer Miller ist Journalistin und hat sich auf Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt sowie die Gesundheit, Ernährung, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten fünf Lebensjahren spezialisiert.